wird Geschäftssitz nun wieder verlegt? – von Rechtsanwältin Buchmann
Nachdem die ALAG Auto Mobil GmbH & Co. KG bereits ihren Geschäftssitz von Hamburg nach Köln verlegt hatte, um der – wie in Anlegerschutzkreisen gemunkelt wird – anlegerfreundlichen Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu entgehen, muss die Gesellschaft nunmehr einen herben Rückschlag verkraften, diesmal vor dem OLG Köln, welches bisher eher nicht als anlegerfreundlich galt.
Oberlandesgericht Köln hält Klage der ALAG Auto Mobil GmbH & Co. KG für unschlüssig
Seit Ende 2012 überzieht die ALAG Auto Mobil GmbH & Co. KG ihre geschockten Anleger mit einer Klagewelle nach der anderen. Die Gesellschaft fordert Ausschüttungen zurück, gleich ob diese tatsächlich an den Anleger ausgeschüttet (Classic-Beteiligung) oder ob diese lediglich innerhalb der Konten der Gesellschaft umgebucht wurden (Classic-Plus-Beteiligung), ohne an den Anleger tatsächlich ausgezahlt zu sein. Noch dramatischer trifft es Sprintanleger, welche nach der Ende 2009 beschlossenen Liquidation der atypisch stillen Gesellschaft die Ratenzahlungen eingestellt haben. Die Gesellschaft fordert nunmehr von diesen Anlegern die Zahlung rückständiger Raten und die Weiterzahlung von zukünftigen Sprintraten.
In einem Verfahren vor dem Landgericht Köln wurde ein geschädigter Anleger zur Zahlung verurteilt. Dagegen legte der Anleger Berufung beim Oberlandesgericht Köln zum Az. 18 U 90/13 unter Beantragung von Prozesskostenhilfe ein.
Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 ZPO zu gewähren, wenn eine Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Das angerufene Oberlandesgericht Köln prüfte daher zunächst vorab die vorläufigen Erfolgsaussichten hinsichtlich der Verteidigung gegen die Klage der ALAG Auto Mobil GmbH & Co. KG und befand in seinem Beschluss vom 07.08.2013 wörtlich:
“ … der Geltendmachung ausstehender Einlagen steht jedenfalls vorläufig der Beschluss der Gesellschafter über die Liquidation zum 15.Dezember 2009 entgegen.“
So vertritt das Oberlandesgericht vorläufig die gleiche Rechtsauffassung wie die Rechtsanwälte aus der Kanzlei Dr. Schulte und Partner aus Berlin. „Durch die vorzeitige Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft existiert seit dem 15.12.2009 keine Anspruchsgrundlage mehr für Zahlung von Sprintraten“, urteilt Rechtsanwältin Buchmann. „Die Gesellschaft müsste zunächst eine Abrechnung auf den Auseinandersetzungsstichtag 15.12.2009 für jeden einzelnen Anleger unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Einlagen erstellen. Insbesondere besteht laut § 16 des atypisch stillen Gesellschaftsvertrages ein Anspruch darauf, dass dies durch einen Wirtschaftsprüfer errechnet wird. Nach Prüfung der von der Gesellschaft bisher vorlegten Geschäftsbilanz 2009 sind die Kapitalkonten der Anleger für Sprintbeteiligung jedoch im positiven Bereich, so dass die Gesellschaft grundsätzlich keine Weiterzahlung verlangen kann, sondern eher noch Gewinne an die Anleger auskehren müsste“, so die Auffassung der Anlegeranwältin.
Oberlandesgericht Köln weist auf ausstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hin
Überdies hatte der geschädigte Anleger in dem Prozess selbst aktiv gegen die Gesellschaft auf vollständige Rückabwicklung geklagt. Diesen Anspruch verneinte das erstinstanzliche Gericht – auch das Oberlandesgericht Köln schätzt die Erfolgsaussichten in seinem Beschluss als eher gering ein und verwies hierzu – wie üblich – auf die Lehre der fehlerhaften Gesellschaft. Dr. Tintemann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht erklärt: „Diese Rechtsansicht des BGH besagt, dass ein Anleger, trotz eines bestehenden Schadensersatzanspruches, seine Anlage nicht vollständig rückabwickeln dürfe, da er auf die weiteren Anleger Rücksicht nehmen müsse. Dies ist allerdings eine schwer umstrittene Rechtsfrage, welche erst demnächst vom Bundesgerichtshof auch für die vorliegende Konstellation der atypisch stillen Beteiligung entscheiden werden soll.“
In der Vergangenheit hatte sich der Bundesgerichtshof bei einer ähnlichen Gesellschaftskonstruktion bereits dafür ausgesprochen, dass Ausnahmen möglich sind, die einen kompletten Schadensersatzanspruch möglich machen. Auch das Oberlandesgericht Köln gewährte daher Prozesskostenhilfe, da es erkennt, dass der Ausgang des Prozesses u.a. von dieser wichtigen und bisher ungeklärten Rechtsfrage anhängig ist.
Wir hoffen für die Anleger, dass auch in der hier vorliegenden Konstellation ein positiver Richterspruch für die Anleger ergehen wird. In jedem Fall sollte man seine Ansprüche durch einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen lassen.
Ob die ALAG nun wieder den Geschäftssitz wechseln wird?
Hierzu erneut Rechtsanwalt Tintemann: „Wohl kaum. Es steht zu vermuten, dass die Gesellschaft sich weiterhin in Köln verklagen lässt. Eine Widerklage wird man dort wohl nicht mehr einreichen, sondern lieber selbst die eigenen angeblichen Ansprüche gegen den Anleger an dessen Wohnort einklagen. Es bleibt also weiterhin spannend für Anleger und Anlegerschützer.“
V.i.S.d.P.:
Jacqueline Buchmann
Rechtsanwältin
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