Falsche Darstellung von Eigenkapital zieht Schadensersatzansprüche nach sich – keiner kommt davon, auch der Notar nicht
Das höchste Berliner Zivilgericht hat einen Notar verurteilt, der einer Bank Schadenersatz zahlen muss. Wie kam es dazu?
Angeheizt durch die optimistische Stimmung und der Euphorie im lukrativen Markt rund um den Erwerb der sogenannten Steuerspar-Immobilien, die sich vielfach umgangssprachlich als „Schrottimmobilien“ bezeichnet werden, sollten eigentlich alle gewinnen, so der ideale Plan:
Der Käufer soll eine ideale Kapitalanlage erwerben, der Verkäufer verkauft die Immobilie mit Gewinn, die finanzierende Bank nimmt während der Laufzeit des Darlehensvertrages hohe Zinsen ein. Ein eventuell tätiger Vermittler erhält eine Provision bei Abschluss des Kaufvertrages. Der beurkundende Notar soll die Angelegenheit in rechtliche Bahnen lenken.
Doch was ist, wenn der hoffnungsvolle Kunde nicht genug Eigenkapital nachweisen kann um das vermeintlich für ihn so positive Geschäft zu finanzieren?
Die Tricks der Vertriebe und Verkäufer
Da gibt es doch Wege und Mittel für den hoffnungsvollen Kunden. Hilfsbereit sind hierbei die Vertriebe oder auch gleich die Verkäufer: Ohne tatsächlich Eigenkapital zu besitzen gibt es Kaufpreisminderungen, versteckte Eigenprovisionen oder auch kurzzeitig Kapital, welches auf dem Konto gegenüber der Bank nachgewiesen kann. Aber Vorsicht, wenn die Bank später allerdings herausfindet, dass das Geld nicht wirklich dem Kunden gehört, drohen Nachteile für alle Beteiligten. Im schlimmsten Fall kann sogar ein Ermittlungsverfahren wegen Krediterlangungsbetrug die Folge sein.
Auch Notare in der Schusslinie
Auch der Notar ist vor einer Haftung nicht sicher. In dem vor dem 6. Zivilsenat des Landgerichts Berlin am 12.04.2013 (Aktenzeichen: 6 U 32/11) entschiedenen Fall war es der Verkäufer selber, der einen Teil des Kaufpreises vorab auf das Treuhandkonto des Notars überwiesen hatte. Der Notar teilte daraufhin dem Verkäufer im Nachgang mit, dass ein Teilbetrag des finanzierten Kaufpreises von der Verkäuferin auf das Notaranderkonto gezahlt wurde.
Dagegen klagte die letztendlich finanzierende Bank. Sie war der Ansicht, dass diese Mitteilung durch den Notar an die Verkäuferin nicht hätte ergehen dürfen, da die Bank durch diese Mitteilung bewusst getäuscht worden sei. Für die Bank stelle sich die Angelegenheit so dar, als habe der Käufer selbst als „Eigenkapital“ einen Teil des Kaufpreises vorab auf das Anderkonto geleistet. Schon aus dem logischen Zusammenhang sei ansonsten die Mitteilung des Notars nicht erklärbar.
Am Ende kommt das Ende
In dem entschiedenen Fall kam es so, wie es in Hunderten von anderen Fällen sogenannter „Schrottimmobilien“ lief:
Der Erwerber konnte die Kreditrate nicht mehr bezahlen, der Kredit wurde notleidend und die Bank musste sich selbst um die Verwertung der Immobilie kümmern, d. h. nach durchgeführter Zwangsverwaltung wurde eine Zwangsversteigerung anberaumt. Die entstandenen Kosten sowie die dadurch der Bank verursachten finanziellen Schäden wollte diese nunmehr auch von dem Notar ersetzt verlangen.
Die erste Instanz vor dem Landgericht Berlin hatte die Klage noch abgewiesen, mit der Begründung, dass der Notar selbst korrekt gehandelt habe. Das Kammergericht war jedoch anderer Meinung:
„Ein Notar hat bei seinen Amtsgeschäften die Pflicht, die Wahrheit zu bezeugen und nur zu bekunden oder sonst zu bestätigen was er nach gewissenhafter Prüfung als zutreffend erkannt hat. Mit seinen Amtspflichten ist es unvereinbar, wenn er durch seine Tätigkeit falschen Anschein erweckt, durch den geschützte Dritte in Gefahr eines folgenschweren Irrtums geraten. Diese Verpflichtung gilt insbesondere bei der Mitteilung amtlich wahrgenommener Tatsachen und bei der Notarbestätigung, die in der Regel darüber hinaus eine rechtliche Schlussfolgerung enthält. Da der Rechtsverkehr großes Vertrauen in derartige notarielle Erklärungen setzt, hat der Notar besonders Vorsicht walten zu lassen. Die Bestätigung muss richtig, vollständig und klar sein.“
Was hat der Notar falsch gemacht oder Warnschuss für die Käufer und Verkäufer?
Die Mitteilung des Notars war missverständlich formuliert. Die Bank wusste nicht, dass es sich um Kapital des Verkäufers handelte. Dies hat dazu geführt, dass jetzt auch der Notar für entstandene Schäden haften muss.
Während Notare üblicherweise Haftpflichtversicherung haben, die Schäden ausgleicht, kann das Urteil des Kammergerichts Berlin auch als Warnung für Käufer, aber auch Verkäufer verstanden werden. Sobald Anhaltspunkte bestehen, dass die Bank getäuscht wurde, wird die Bank regelmäßig bei entstehenden Schäden tätig. Im Zuge der gerichtlichen Aufklärung werden dann die Sachverhalte, die zum Abschluss des Kaufvertrages und des Darlehensvertrages geführt haben, erforscht. Dies kann dazu führen, dass auch die Bank selbst Schadensersatz gegenüber Käufern fordert. Folge ist das „Tricksereien“ sich später als fatal herausstellen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte, der mit seinem Team bereits eine Vielzahl von Fällen aus dem Bereich der sogenannten „Schrottimmobilien“ begleitet hat, meint dazu folgendes:
„Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin kommt nicht überraschend und ist anhand der bisherigen Rechtsprechung auch folgerichtig. Neu ist allerdings, dass zunehmend auch die Notare in den Focus der Rechtsprechung geraten. Diese waren vorher meist nicht an den Gerichtsverfahren beteiligt.“
Erst kürzlich wurde in Berlin nach 11-monatiger Untersuchungshaft ein Notar vorläufig aus dem Gefängnis entlassen und wartet das Ende seines Prozesses ab. Ihm wird vorgeworfen, in unseriöse Immobiliengeschäfte als Notar verwickelt gewesen zu sein. Auch in dem genannten Fall dürften zivilrechtliche Verfahren dem Strafverfahren nachfolgen, die nicht nur Notare, sondern ebenfalls auch andere Beteiligte betreffen.
Was bedeutet dies für Käufer von „Schrottimmobilien“?
„Wer bei Abschluss eines Darlehensvertrages tatsächlich nicht vorhandenes Eigenkapital vortäuscht oder sich vom Verkäufer oder dem Vertrieb Geld geben lässt, um es der Bank als Eigenkapital zu verkaufen, macht sich angreifbar“, sagt Rechtsanwalt Klevenhagen von der Kanzlei Dr. Schulte Rechtsanwälte. „Meist ist den Erwerbern solcher Immobilien gar nicht bewusst, welche Risiken tatsächlich eingegangen werden, wenn man sich Geld vom Verkäufer zurückgeben lässt oder tatsächlich nicht vorhandenes Eigenkapital zur Erlangung eines Darlehens vortäuscht.“
Besitzer solcher Immobilien, die sich Ansprüchen ausgesetzt sehen, oder die durch die nicht gehaltenen Versprechen unsicher geworden sind, sollten durch einen qualifizierten Rechtsanwalt prüfen lassen, in wie weit sie selber Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüche haben oder selbst Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sein können.
V.i.S.d.P.:
Kim Oliver Klevenhagen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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