EFORT 2013: Europäischer Orthopädiekongress mit 7.500 Teilnehmern/-innen in Istanbul
Infiltrationen mit Lokalanästhetika haben sich nach Knieprothesen-Operationen bewährt: Sie reduzieren Schmerzen, Morbidität und Mortalität. Eine neue britische Studie, die auf dem EFORT Kongress in Istanbul präsentiert wurde, belegt, dass dieses Konzept auch bei Operationen nach Hüftfrakturen zu positiven Ergebnissen führt.
Istanbul, 8. Juni 2013 – Patienten/-innen, die sich nach einer Hüftfraktur einem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen, profitieren von einem speziellen Behandlungskonzept mit postoperativ eingesetzten Lokalanästhetika („enhanced recovery protocol“, ER). Sie benötigen weniger Schmerzmedikamente, haben eine geringere Sterblichkeit, müssen kürzer in stationärer Behandlung bleiben und benötigen seltener weitere Rehabilitations-Aufenthalte. Das zeigt eine britische Studie, die beim 14. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (EFORT) in Istanbul präsentiert wurde. Ein Team des Northumbria Healthcare Trust (Newcastle-upon-Tyne, GB) ging der Frage nach, ob diese Methode, die sich bereits nach Knie-Operationen bewährt hat, auch bei Eingriffen nach Hüftfrakturen angezeigt ist. ER, ein Konzept, das unter anderem die Gabe von Lokalanästhetika via Katheter vorsieht, bringt auch nach Hüftoperationen erhebliche Vorteile, berichtete Studienautor Dr. William Harrison. „Die Ergebnisse sind so überzeugend, dass das Konzept jetzt weiter untersucht werden sollte. Wir setzen ER nun routinemäßig bei unseren Patienten/-innen ein, aber um das Konzept als Behandlungsstandard für andere Zentren empfehlen zu können, sind multizentrische, randomisierte Studien notwendig.“
Geringerer Bedarf an Schmerzmitteln, reduzierte Sterblichkeit
Patienten/-innen, die nach einer Hüftfraktur operiert werden, leiden nicht nur unter schmerzhaften Folgen der Verletzung, sondern häufig auch unter postoperativen Schmerzen. Viele Betroffenen sind bereits in einem höheren Alter, für sie können Schmerzmedikamente mitunter riskant sein. Für die über einen Zeitraum von zwei Jahren durchgeführte Studie wurden die Daten von rund 400 Patienten/-innen analysiert, ihr Durchschnittsalter lag bei 80 Jahren. 20 Prozent der Studienteilnehmer/-innen bildeten die Kontrollgruppe, die anderen wurden nach dem ER-Protokoll in unterschiedlicher Intensität mit Infiltrationen oder Infusionen mit Lokalanästhetika behandelt.
Eines der beeindruckendsten Ergebnisse der Northumbria Health Trust Studie war die signifikante Reduktion der Mortalität während des stationären Aufenthaltes. Das ER-Protokoll führte auch zu einer 40prozentigen Reduktion des Opioidverbrauchs. Die Reduktion der Sterblichkeit könnte allerdings auch von anderen Faktoren mit beeinflusst sein, gab Dr. Harrison zu bedenken. „Es kann ein direkter Zusammenhang mit dem ER-Konzept bestehen, allerdings wurden im Untersuchungszeitraum auch andere Verbesserungen eingeführt, zum Beispiel eine gezielte vierte Mahlzeit für Patienten/-innen mit Hüftfrakturen.“
In der Studie zeigte sich auch eine deutliche Reduktion der Länge des Krankenhausaufenthalts, bei ER-Patienten/-innen lag er bei durchschnittlich 9,3 Tagen, bei herkömmlich behandelten Patienten/-innen bei 12 Tagen. Außerdem konnten dreimal so viele Patienten/-innen aus der ER-Gruppe ohne weiteren Rehabilitations-Aufenthalt direkt nach Hause entlassen werden wie aus der Kontrollgruppe.
Deutliche Einsparungen
Abgesehen vom schwer quantifizierbaren Nutzen einer reduzierten Sterblichkeit nach einer Hüft-OP, scheint das ER-Konzept auch zu Einsparungen zu führen. „Für Injektionen, Katheter und Infusionspumpen hatten wir pro Patient/-in einen zusätzlichen Aufwand von 62 Pfund“, rechnete Dr. Harrison vor. „Dem stand eine Reduktion der stationären Aufenthaltsdauer von 2,7 Tagen gegenüber, wobei ein stationärer Tag Kosten von etwa 400 Pfund verursacht. Dazu kommen weitere Einsparungen durch verringerte Rehabilitations-Kosten.“ Die Studie kam darüber hinaus zum Ergebnis, dass durch die Infusionen und Infiltrationen mit Lokalanästhetika keine signifikanten unerwünschten Wirkungen auftraten.
Hintergrund EFORT
Die European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) ist die Dachorganisation orthopädischer Fachgesellschaften in Europa. EFORT wurde 1991 im italienischen Marentino gegründet. Heute gehören ihr 42 nationale Mitgliedsgesellschaften aus 43 Ländern und sechs assoziierte wissenschaftliche Organisationen an.
EFORT ist eine Non-Profit Organisation. Das Ziel der Mitgliedsgesellschaften ist es, den Austausch von wissenschaftlichem Fachwissen und von Erfahrungen in der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen des muskuloskelettalen Systems zu fördern. EFORT organisiert europäische Konferenzen, Schulungen, Kurse, Foren und Kongresse. Ferner werden von EFORT Grundlagenforschung und klinische Forschung initiiert und unterstützt.
Quelle: EFORT Abstract 3732: Postoperative local anaesthetic infiltration and infusion by indwelling catheter for patients with a hip fracture: an enhanced recovery initiative