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Düsseldorf, 2. September 2011 – Wenn Indifferenz, Ignoranz und Ablehnung gegen das Internet nicht bald verschwinden, wird Deutschland vollends den Anschluss an das digitale Zeitalter verlieren, mahnt der Spiegel Online-Redakteur Christian Stöcker in seinem kürzlich erschienenen Buch „Nerd Attack“: „Im Moment sieht es nicht gut aus: Es gibt bei uns keinen einzigen namhaften Hersteller von Elektronik für Endverbraucher mehr, es werden keine Handys und keine Computer mehr unter deutscher Ägide produziert, und auch in Sachen Software haben wir mit Ausnahme von SAP weitgehend den Anschluss verloren.“ Deutsche Internetangebote von globaler Bedeutung würden nicht existieren – mit Ausnahme von Xing. „Die Dienste und Angebote, die das Netz derzeit prägen und den Löwenanteil der Zeit binden, stammen fast ausnahmslos aus den USA“, so Stöcker.
Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Mind Business-Unternehmensberater Bernhard Steimel die schlagzeilenträchtige Agitation von Datenschützern wie Thilo Weichert gegen Social Plugins-Dienste amerikanischer Anbieter mehr als schädlich für Unternehmen in Deutschland, die im Online-Marketing tätig sind. „Damit möchte ich nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Frage stellen. Es ist natürlich wichtig, dass die Nutzung von personenbezogenen Daten nur möglich sein sollte, wenn der Betroffene seine Zustimmung erteilt. Wenn Weichert wegen der Nutzung des Like-Buttons jetzt eine Bußgeldlawine auslöst gegen Website-Betreiber und nicht gegen Facebook, bewirkt er genau das Gegenteil von dem, was er eigentlich beabsichtigt. Er stärkt damit den Mark Zuckerberg-Konzern. Denn Facebook hat mit dem Social Graph ein dynamisches Modell entwickelt, um die Privatsphäre in Sinne von Weichert zu schützen. So erhalten zum Beispiel die Betreiber von Facebook-Seiten nur jene Daten, deren Freigabe der Nutzer ausdrücklich selbst autorisiert hat. Er kann dieses so genannte Opt-In-Verfahren jederzeit mit der Konsequenz zurückziehen, dass man bei der nächsten Synchronisation nicht mehr auf diese Daten zugreifen kann“, so Steimel im Interview mit Service Insiders http://www.service-insiders.de.
Wer personenbezogene Daten hochprofessionell analysiert, wisse sehr wohl, dass er das Vertrauen der Internet-Nutzer nicht verspielen darf, bemerkt Karl-Heinz Land, Chief Evangelist von Microstrategy: „Datenschutz und Service sind zwei Seiten derselben Medaille. Klar ist auch, dass ich nur dann personalisierte Offerten bekomme, wenn ich den von mir bevorzugten Anbietern erlaube, meine ausgewählten Präferenzen und Vorlieben auszuwerten. Wer das nicht will, muss damit leben, auch weiterhin im Internet zugespammt zu werden. Smarte Firmen nutzen die Chance und bieten genau an dieser Stelle Service und Aufklärung.“
Nach Einschätzung von Steimel wird es nur wenigen deutschen Unternehmen gelingen, ähnliche Mechanismen zu vertretbaren Kosten auf ihren Plattformen zu integrieren. „Insofern ist die von Weichert ausgelöste Datenschutz-Debatte eher ein weiterer Sargnagel für die digitale Wirtschaft in unserem Land“, kritisiert Steimel.
Auf Unternehmensseite werden sich nur solche Social Media-Investments amortisieren, die in der Lage sind, auf der Basis der strengeren Spielregeln im Datenschutz auch personalisierte Services aufzusetzen. „Nach dem in den vergangenen 10 bis 15 Jahren viele Firmen ihre CRM-Projekte in den Sand gesetzt haben, erwächst hier eine Baustelle gigantomanischen Ausmaßes, wenn man die Daten aus dem Social Web für Vertrieb, Marketing und Kundendienst gesetzeskonform nutzbar machen will“, so die Bedenken von Steimel.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Diana Dohle von Voxtron http://www.voxtron.com/de/:
Die Daten der Bürger zu schützen und Missbrauch zu verhindern, ist ohne Einschränkung wichtig. Das gilt übrigens auch für die Aktivitäten des Staates. Der Datenschutz in Deutschland sollte es mündigen Internetnutzern überlassen, wie sie soziale Netzwerke einsetzen, sich dort nach Belieben darstellen, diskutieren und Informationen austauschen. Wenn bei Facebook tatsächlich Gesetzesverstöße vorliegen, sollte man gegen den Verursacher und nicht gegen Dritte vorgehen. Die Gesellschaft vor dem Einsatz von Sharing-Funktionen zu bewahren, erinnert mich stark an Ray Bradburys Roman Fahrenheit 451. Menschen zu entmündigen scheint nie eine besonders clevere Lösung – selbst nicht im politischen Sommerloch“, kritisiert Dohle, Mitglied der Brancheninitiative Contact Center Network http://www.contact-center-network.de/.
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