Mit Beschluss vom 17. Januar hat das Landgericht Frankfurt die einstweilige Verfügung gegen die Kundeninitiative wir-sind-die-konsumenten.de aufgehoben. Es ging dabei um Aussagen über eine finanzielle Verflechtung zwischen dem neuen Hessnatur-Eigentümer und der Rüstungsindustrie. Andreas Schurack und Johannes Mosmann reagierten mit Erleichterung. Für die beiden Betreiber der Webseite hängt viel von dieser Auseinandersetzung ab: „Kein Mensch durchschaut heute, welche Prozesse vor und hinter dem Geldschein liegen, den er gerade in der Hand hält“ so Mosmann. „Und doch sind wir ökonomisch alle miteinander verflochten. Diese Verflechtungen müssen transparent werden dürfen, wenn das Individuum Verantwortung für seine Handlungen übernehmen soll.“
Das Gericht äußerte Zweifel am Wahrheitsgehalt der eidesstattlichen Versicherung von Marc Sommer. Der Hessnatur-Geschäftsführer will erst Ende August 2012 von den Aussagen zur Rüstungsindustrie erfahren haben, und daraufhin auf die Webseite wir-sind-die-konsumenten.de/ gestoßen sein. Mit Hilfe dieser Behauptung hatten die neuen Hessnatur-Eigentümer den Eindruck einer besonderen Dringlichkeit erwecken können, weshalb das Gericht ihrem Antrag auf eine einstweilige Verfügung am 1. Oktober zunächst gefolgt war. Im Verfügungsverfahren gab das Gericht nun aber Rechtsanwalt Jakob Janitzki von der Kanzlei Barkhoff & Partner recht, der Schurack und Mosmann vertritt.
Das Gericht entschied somit erst gar nicht über die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Äußerungen, da die einstweilige Verfügung schon an der fehlenden Eilbedürftigkeit scheiterte. Sind jene Äußerungen also wahr oder unwahr? Theoretisch darf jetzt selbst der konkrete Wortlaut der streitgegenständlichen Äußerungen wiederholt werden. Schurack und Mosmann sehen darin aber wenig Sinn. Sie wollen nicht auf Rechthaberei, sondern auf das freie Urteil des Einzelnen bauen. Jetzt besteht wieder die Möglichkeit, den Sachverhalt unter den Menschen, die sich interessieren, in einer offenen Diskussion zu prüfen. Wie also verhält es sich wirklich?
Fakt ist: Zu den Anteilseignern des Hessnatur-Eigentümers gehören die Investmentgesellschaften HarbourVest und F&C. F&C ist an Rüstungskonzernen wie BAE-Systems beteiligt. HarbourVest verwaltet u.a. Gelder diverser Rüstungskonzerne, und ist ebenfalls selbst an Rüstungskonzernen beteiligt. Diese Tatsachen sind unbestreitbar (siehe www.dreigliederung.de/news/12110402.html). Johannes Mosmann äußerte deshalb, dass aufgrund dieser Beteiligungsstruktur nun auch die Rüstungsindustrie von den Einkäufen der Hessnatur-Kunden profitiert. Er ist überzeugt, damit einen reinen Tatsachenverhalt ausgedrückt zu haben. Die neuen Hessnatur-Eigentümer sind anderer Auffassung, wie Marc Sommer in einem offenen Brief jetzt erneut bekräftigt. Was also ist die Wahrheit? Und welche Konsequenzen hat sie? Schurack und Mosmann wünschen sich, dass Kunden und Pressevertreter in dieser Sachfrage zu einem eigenständigen Urteil kommen.
Marc Sommer signalisiert jetzt eine Dialogbereitschaft der Hess Natur-Textil GmbH. Sofern diesem Angebot ein ehrliches Erkenntnisinteresse in der konkreten Sachfrage zu Grunde liegt, sind Schurack und Mosmann gerne zu einem Dialog bereit, und bekräftigen deshalb ihrerseits ihr Angebot für ein freies Gespräch, das sie vor dem Erlass der einstweiligen Verfügung formuliert hatten. Es sollen allein sachliche Argumente, aber keine Machtmittel entscheiden. Denn schließlich sei, so Schurack und Mosmann, die freie Urteilsbildung eine unbedingte Vorraussetzung für die Wahrheitsfindung.
Pressetext:
http://wir-sind-die-konsumenten.de/presse/gericht-entscheidet-fuer-schurack-und-mosmann.html
Ansprechpartner:
Johannes Mosmann
Liegnitzer Straße 15
10999 Berlin
Tel.: 030 / 68079689-43
http://wir-sind-die-konsumenten.de
news@wir-sind-die-konsumenten.de
Hintergrund: Das Kundenportal wir-sind-die-konsumenten.de wurde Ende 2011 von zwei Berlinern ins Leben gerufen, um Kunden des Ökolabels Hessnatur die Möglichkeit zu geben, sich zum geplanten Verkauf an eine Investmentgesellschaft zu äußern, und den Mitarbeitern ihre Loyalität anzuzeigen. Hessnatur-Mitarbeiter hatten nämlich eine Genossenschaft gegründet, um das Ökounternehmen selbst weiterzuführen. Als Hessnatur im Juni 2012 überraschend doch von der Schweizer Private-Equity-Gesellschaft Capvis übernommen wurde, kam es zu einem Proteststurm. Tausende Kunden boykottierten das Unternehmen, und die Umsatzzahlen gingen in den Keller. Daraufhin beauftragten die neuen Hessnatur-Eigentümer den Anwaltsriesen Allen & Overy, juristisch gegen die kritische Kundeninitiative vorzugehen. Das Gericht gab nun den Betreibern des Kundenportals recht.