Wann endlich wir den Pflegebedürftigen geholfen
Ende 2010 rief der damalige Gesundheitsminister Dr. Philipp Rößler für das Jahr 2011 das Jahr der Pflege aus. Angekündigt wurde eine Pflegereform, die der neuen und immer schwierigeren Situation der überarbeiteten Pfleger und vor allem pflegender Angehöriger gerecht werden sollte. Laut des Präsidenten des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, mangelt es bereits heute an 30.000 Pflegefachkräften. Hochrechnungen nach sollen es im Jahr 2020 bereits 220.000 Fachkräfte sein, die den Pflegediensten fehlen werden.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden warnte bereits im Dezember 2010 vor einem starken Anstieg der Pflegebedürftigen in Deutschland. Die Zahl derer, die Pflege benötigen werden, kann demnach von 2,7 Millionen Menschen 2007 auf etwa 3,4 Millionen 2020 steigen. Langfristig gesehen könne der demografische Wandel bis 2050 zu etwa 4,5 Millionen Pflegebedürftigen führen. Eine prekäre Situation in Anbetracht der schon heute fehlenden Fachkräfte, die eine 24 Stunden Betreuung ermöglichen können.
Um diesem drohenden Notstand entgegen zu wirken sollen im Rahmen der Pflegereform 2011, deren Verabschiedung für September vorgesehen war, nicht nur das Berufsbild der Pflegekraft überarbeitet sowie die Arbeitsbedingungen verbessert werden, sondern auch der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu überdacht. Zählten bisher größtenteils nur somatische Einschränkungen, sollen in Zukunft auch psychische und kognitive Einschränkungen berücksichtigt werden. Unter anderem wird dies der steigenden Anzahl Demenzkranker gerecht, führt jedoch dazu, dass die Zahl der Pflegebedürftigen noch weiter steigen kann als bisher befürchtet. Der bereits vorliegende Personalmangel wird dadurch gesteigert.
Grundsätzlich soll die Pflegereform nach dem Leitbild „Ambulant vor stationär“ verändert werden. Dazu sollen pflegende Angehörige gestärkt und besser gestellt werden. Erreicht werden soll dies durch bessere finanzielle Leistungen und Möglichkeiten, für eine bestimmte Zeit das eigene Arbeitsverhältnis ruhen lassen zu können. Hierzu benötigt es jedoch weiterhin der Zustimmung des Arbeitgebers und kann, solange es keine gesetzliche Verpflichtung zur Freistellung pflegender Angehöriger gibt, keine dauerhafte Lösung sein.
Bei bestimmten Erkrankungen wie der Demenz, bei der der Pflegebedürftige eine ganztägige Betreuung benötigt, können pflegende Angehörige schnell an ihre Grenzen gelangen, wenn sie nicht in der Pflege ausgebildet sind oder bereits Erfahrungen mit häuslicher Pflege machen konnten. Für diese 24 Stunden Pflege wird professionelle Unterstützung benötigt. Da der deutsche Arbeitsmarkt keine ausreichende Anzahl an Pflegekräften bietet, könnten die Angehörigen zum Beispiel eine Pflegehilfe aus Polen einstellen, die die ambulante Pflege unterstützend und erleichternd begleitet. In diesem Punkt gibt es bereits Stimmen, die das österreichische Modell auch in Deutschland für realisierbar halten. Durch das Arbeitnehmerentsendegesetz ist die Arbeitsaufnahme für ausländische Arbeitskräfte zwar bereits erleichtert worden, spürbar sind diese bedauerlicherweise in der Pflege aber kaum. In Anlehnung an das österreichische Modell könnten Angehörige eine ausländische Pflegekraft beschäftigen, wenn sie dieser ein eigenes Zimmer und freie Verpflegung stellen und einen Monatslohn zwischen 800 und 1000 Euro zahlen können. Die Sozialversicherung wird in diesem Modell von der Pflegekasse übernommen. So könnten ausländische Pflegehilfen aus der Illegalität geholt werden und einen wichtigen Beitrag zur 24 Stunden Pflege leisten, die immer weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Die Kosten für die neuen Reformpläne werden auf etwa zehn Milliarden Euro taxiert, was eine Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung von 1,95 Prozent auf etwa 3,0 Prozent bedeuten würde. Unklar ist, wie die Finanzierung aufgestellt sein soll. Unzweifelhaft ist jedoch, dass es sich hierbei um eine gesellschaftlich äußerst bedeutende Frage handelt und Pflege zwar ihren Preis hat, der jedoch zum Wohle der Gesellschaft gezahlt werden muss, sofern die Reformpläne nicht weiter verschoben werden.
Werner Tigges, 1. Vorsitzender
Bundesverband der Vermittlungsagenturen
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