Bei einem Besuch im Erich-Reisch-Haus befasste sich der Kreisverband der Grünen mit der Problematik wohnungsloser Menschen. „Solange es draußen noch warm ist, ist die Obdachlosigkeit viel weniger problematisch“, informierte der Leiter der Wohnungslosenhilfe „Erich-Reisch-Haus“, Stefan Heinz, die Mitglieder des Grünen-Kreisvorstands Boris Pasek, Kurt Merz, Vedat Acikel und Ina Rosenthal, die sich durchs Haus führen ließen.
Dass es in Lörrach immer weniger bezahlbaren Wohnraum gibt, ist kein Geheimnis. Ina Rosenthal, Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Lörrach/Müllheim, ist sich mit Stefan Heinz einig, dass möglichst schnell mehr günstiger Wohnraum zur Verfügung stehen sollte. Heinz rechnet damit, dass der Bedarf in diesem Segment noch zunimmt, da in den kommenden Jahren immer mehr Bestandsimmobilien einer ökologischen Sanierung unterzogen werden und in der Folge die Mieten steigen werden. „Angesichts einer immer größeren Zahl von Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind und für die Wohnen nicht zum unbezahlbaren Luxus werden darf, müssen die Mietobergrenzen überdacht und auch der soziale Wohnungsbau wieder aufgenommen werden“, fordert Stefan Heinz von Politik und Verwaltung. Angesichts eines so gut wie nicht vorhandenen Wohnungsmarktes im Niedrigpreissegment sieht auch der Kreisvorstand Handlungsbedarf zumindest für die größeren Kommunen des Kreises.
Die Arbeit der Fachstelle Wohnungssicherung ist erfolgreich. Ziel ist es bei Räumungsklagen und Zwangsräumungen Hilfe zum Erhalt der Wohnung anbieten zu können und offene Obdachlosigkeit zu vermeiden. Dies geschieht in enger Abstimmung mit Amtsgericht, Sozialamt, der Stadt und dem Jobcenter. So können z.B. im Falle einer Kürzung von Hartz IV mit dem Vermieter, Jobcenter und Landratsamt Lösungen gesucht werden, die für alle eine Perspektive bieten und gleichzeitig den Wohnungsverlust verhindert. Sylvia Ziegler schränkt leicht ein: „Nicht immer erfahren wir rechtzeitig davon“. Sie stellt fest, dass Menschen, die von Wohnungsverlust bedroht sind, auf keine Briefe von Ämtern reagieren. „Deshalb ist für uns die aufsuchende Beratung und Krisenintervention ein aufwändiger aber unerlässlicher Teil unserer Arbeit“, beschreibt sie ihre Vorgehensweise.
Das seit 1997 in der Wallbrunnstraße 66 angesiedelte Erich-Reisch-Haus – gegründet wurde die Wohnungslosenhilfe in Lörrach bereits 1984 – bietet Raum für bis zu 48 Männer und Frauen. In diversen Programmen können hilfsbedürftige Menschen bis zu drei Jahre begleitet werden. Neben Unterkunft erhalten sie dort auch intensive Unterstützung bei der Suche nach einer Wohnung oder Arbeit.
Besichtigt wurde auch die Kleiderkammer, für die Bürger jederzeit spenden können. „Gerade warme Bekleidung und frostgeeignete Winterschlafsäcke würden gebraucht, weiß Vedat Acikel, der selbst schon ehrenamtlich an der Pforte des Erich-Reisch-Hauses ausgeholfen hat. Auch gut erhaltene Schuhe seien jederzeit willkommen. In der Wärmestube auf der gegenüberliegenden Straßenseite können sich Obdachlose bei einer warmen Mahlzeit aufwärmen. Insgesamt machen dem Haus gestiegene Energiekosten zu schaffen. Zur Sprache kam auch, dass man sich eine bessere medizinische Betreuung für die Bewohner wünscht. Regelmäßig seien neben Arbeitslosigkeit und Suchtabhängigkeit auch ernste psychische Erkrankungen die Begleiterscheinungen bei einem Verlust der Wohnung. Daher mahnen die Mitarbeiter des Erich–Reisch-Hauses vor allem eine bessere psychologische Betreuung als besonders dringlich an.
Stefan Heinz nutzte die Gelegenheit, um für ein grundsätzliches Verständnis für die Situation der Betroffenen zu werben. Für den Kreisvorstand geht es auch darum, einer schleichenden Entsolidarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Die Vorstände wollen die Anliegen und Anregungen vom Erich-Reisch-Haus innerparteilich und in den grünen Fraktionen weitergeben.