In den Aufsichtsräten der 30 deutschen Dax-Konzerne ist eine Ämterhäufung bei Männern nach wie vor häufiger zu beobachten als bei Frauen. Die ergibt eine Analyse, die die Personalberatung Kienbaum Consultants International für die „Welt am Sonntag“ erstellt hat. Von den 34 Frauen, die die Anteilseignerseite in den Dax-Unternehmen vertreten, haben nur vier mehr als ein Mandat inne.
Demgegenüber üben 26 von 185 Männern mehr als ein Mandat aus. Bei den Frauen beträgt der Anteil folglich 11,8 Prozent, bei den Männer demgegenüber 14,1 Prozent. Vor allem Gegner von Frauenquoten argumentieren häufig, das wegen eines Mangels an qualifiziertem Personal starre Regelungen zu einer Ämterhäufung bei Frauen führen würden – was den Prinzipien der guten Unternehmensführung („Corporate Governance“) zuwiderlaufen würde. Diese Erfahrung ist zum Beispiel in Norwegen gemacht worden. Bei den Männern haben 18 zwei Dax-Aufsichtsratsmandate, sechs haben drei und zwei haben sogar vier Aufseherposten auf einmal inne. Demgegenüber hatten zwei Frauen bisher nur zwei Aufsichtsratssitze: die schwedische Bankmanagerin Annika Falkengren (Volkswagen, Munich Re)und die Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller (Deutsche Lufthansa, Siemens). Hinzu kam am Donnerstag Sari Baldauf: Die frühere Nokia-Managerin, die bisher schon die Anteilseignerseite bei Daimler vertritt, wurde in den Aufsichtsrat der Deutschen Telekom berufen. Einzige Frau mit drei Mandaten ist die Chefin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher (Allianz, BMW, Infineon). „Auf Frauenseite gibt es eben kein Pendant zum sogenannten Old-Boys-Network – eine kleine Gruppe von Männern, die eine Vielzahl von Mandaten unter sich aufteilt“, sagte Anke Hoffmann,Geschäftsführerin bei Kienbaum Berlin, der Zeitung. Nach Einschätzung der Personalberaterin wird sich auf der Seite der Frauen daran künftig wenig ändern ? obwohl allein im kommenden Jahr in der Riege der Dax-Konzerne rund 70 Aufsichtsratsposten neu zu besetzen sind und auch aus Angst vor einer Quote das Interesse an weiblichen Kandidaten ungebrochen ist. „Entgegen der weitläufigen Meinung ist hierzulande tatsächlich genug Potenzial vorhanden, um die Nachfrage zu decken“, meint Hoffmann. Hochkarätig ausgebildete und praxiserfahrene Frauen gebe es genügend. Noch scheitere deren Weg in Spitzenämter aber an den hohen Anforderungen der Unternehmen, die etwa Cheferfahrung voraussetzten – womit der Pool der Kandidatinnen dann doch kleiner bleibt, als er sein könnte. „Doch je mehr der gesellschaftliche Druck steigt, desto mehr werden sich die Unternehmen öffnen“, ist Hoffmann überzeugt.