Der Streit um die Produktionskürzungen für die Mercedes-S-Klasse ist nun bis in die höchsten Hierarchieebenen eskaliert. Empört reagierte Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth auf Äußerungen von Betriebsräten und Gewerkschaftern: „Notwendige Diskussionen über längst bewährte Flexibilitätsinstrumente als Rambo-Methoden zu bezeichnen, ist reine Stimmungsmache, mit der man sich selbst disqualifiziert“, erklärte am Wochenende Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montagsausgabe). Den Begriff „Rambo-Politik“ hatte Jörg Hofmann am Freitag verwendet: „Wir können an der Spitze dieses Konzerns keine Rambo-Politik gegenüber den Beschäftigten und Belegschaftsvertretungen akzeptieren“, hatte Hofmann nach einer hitzigen Belegschaftsversammlung im Mercedes-Werk Sindelfingen geäußert: „Wer bei so einem Vorgehen noch motivierte Mitarbeiter erwartet, sollte dringend einen Kurs für erfolgreiche Personalführung besuchen.“
Hofmann ist baden-württembergischer IG-Metall-Chef und auch Mitglied des Aufsichtsrats der Daimler AG. Ausgangspunkt des Streits ist der bevorstehende Modellwechsel für die Mercedes S-Klasse im nächsten Jahr. Weil typischerweise in den Monaten davor die Nachfrage sinkt, möchte Daimler die Produktion einstweilen auf einen Einschichtbetrieb umstellen, und auf diese Weise rund 50.000 Autos weniger bauen. Entsprechend würden die Mitarbeiter Minus-Stunden auf ihren Zeitkonten anhäufen. Gerade in Sindelfingen haben die Mitarbeiter aber besonders viele Minusstunden, obwohl in den vergangenen Monaten Absatzrekorde für die dort produzierten Luxusautos vermeldet wurden. „In Sindelfingen wurden viele Extra-Schichten und Überstunden bezahlt, obwohl die Zeitkonten tief im Minus waren,“ beschreibt Porth gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ das Problem. Die Folge: „Im Durchschnitt haben die Mitarbeiter in Sindelfingen 47 Minus-Stunden. Bei den Mitarbeitern der S-Klasse-Produktion sind es rund 100 Minus-Stunden. In allen anderen Werken sind wir im Plus.“ Die Daimler-Führung fordert daher, die Zeitkonten müssten endlich wieder ausgeglichen werden, wenn im kommenden Jahr die neue S-Klasse anläuft: „Wir wollen viele Märkte gleichzeitig mit dem Modell bedienen. Dafür werden wir dann Überstunden und Samstagarbeit brauchen“, erklärt der Personalvorstand. „Der Knackpunkt in den Verhandlungen war: der Betriebsrat wollte nicht zusagen, dass die deutlich negativen Zeitkonten dann in der intensiven Hochlauf-Phase zurück auf Null gefahren werden.“ Porth verweist auf die Tatsache, dass die Mitarbeiter dafür ja schon Geld erhalten haben: „Ich verstehe nicht, wo das Problem sein soll: Wir fordern nur die Zeit zurück, die bezahlt, aber nicht abgeleistet wurde.“