Ärzteverbände: Beschneidung nur unter Betäubung vornehmen

Ärzteverbände und Strafrechtler bestehen darauf, dass auch Jungen unter sechs Monaten nur mit Betäubung beschnitten werden. Das Bundesjustizministerium hatte vergangene Woche in einem Eckpunktepapier vorgeschlagen, dass Kinder unter sechs Monaten von einem religiösen Beschneider beschnitten werden dürfen, der kein Arzt sein muss. Nur Ärzte dürfen betäuben.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte es zwar, dass nun Rechtssicherheit geschaffen würde. Die Schmerzfreiheit des Eingriffes müsse aber gewährleistet sein, eine Beschneidung ohne Anästhesie entspreche nicht den Regeln der ärztlichen Kunst. „Hier müssen sich auch die Religionen bewegen“, sagte Montgomery der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Volker von Loewenich, Mitglied der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), sagte der Zeitung, die Lokalanästhesie bei Neugeborenen sei nicht einfach und erfordere eine geübte Hand. Sie sei aber Voraussetzung für den Eingriff. „Ohne wirksame Betäubung ist die Beschneidung nicht mit dem Kindeswohl vereinbar.“ Das berge erhebliche praktische Schwierigkeiten, wenn die Beschneidung von Nicht-Ärzten durchgeführt werden soll. Das Eckpunktepapier sei ein „viel zu eiliges Nachgeben auf politischen Druck“, so von Loewenich. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, kündigte rechtliche Schritte an, sollten sich die im Eckpunktepapier vorgesehenen Regelungen durchsetzen: „Sollte ein solches Gesetz verabschiedet werden, werden wir zusammen mit anderen Organisationen das Bundesverfassungsgericht anrufen“, kündigte er gegenüber der Zeitung an. „Dass unser Staat jüdischen und muslimischen Beschneidern, also in der Regel medizinischen Laien, gestattet, Säuglingen an den Genitalien herumzuschneiden, ist skandalös“, sagte der Strafrechtler Holm Putzke. Der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel lehnte die Legalisierung der Beschneidung grundsätzlich ab. Das Eckpunktepapier sei „auf skandalöse Weise unzulänglich“, sagte er der Zeitung. Es eröffne Spielräume für Prozeduren, die das Kindeswohl erheblich verletzen.