Hapag-Lloyd-Chef sieht Schifffahrtsstandort Deutschland in Gefahr

Der Präsident des Verbands Deutscher Reeder, Michael Behrendt, sieht den Schifffahrtsstandort Deutschland mit 30000 Arbeitsplätzen in Gefahr. Nach vier Krisenjahren drohten zahlreiche Insolvenzen, wenn nicht schnell Hilfe vom Staat komme, sagte Behrendt im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z./Mittwochsausgabe). „Die Bundesregierung muss entscheiden, ob sie Hilfe gewähren will. Und sie muss wissen: Wenn sie es nicht tut, wird das dramatische Folgen haben“, sagte Behrendt, der im Hauptberuf Deutschlands größte Linienreederei Hapag-Lloyd führt.

Behrendt forderte eine zeitlich begrenzte Entlastung der schiffsfinanzierenden Banken durch die Staatsbank KfW. Dabei sei Eile geboten: „Wir brauchen eine Entscheidung bis zum Jahresende. Schiffe, die bis zum Bilanzstichtag am 31. Dezember keine Beschäftigung haben, müssen wertberichtigt werden, sowohl bei den Banken, als auch bei den Unternehmen. Wenn bis dahin keine Hilfe kommt, wird es richtig ernst.“ Von der Schifffahrtskrise seien insbesondere die Vermieter von Handelsschiffen (Charterreeder) betroffen. Es werde zwei bis drei Jahre dauern bis die Überkapazitäten in diesem Markt verschwunden seien. „Die Charterreeeder brauchen Hilfe, um diesen Zeitraum zu überstehen“, sagte Behrendt der F.A.Z. Aber auch das Geschäft der Transporteure, also den Linienreedern wie Hapag-Lloyd, läuft im Moment nicht rund. Dass die Frachtraten auf der wichtigen Route zwischen Asien und Europa derzeit wieder sinken, bezeichnete Behrendt als „unerfreuliche Entwicklung“. Von dem üblichen Nachfrageschub im Herbst sei nichts zu spüren: „Das haben wir in dieser Form noch nicht erlebt“, sagte Behrendt, der überdies mit weiteren Mehrkosten infolge des nochmals deutlich gestiegenen Ölpreises rechnet. Der Hapag-Lloyd-Chef strebt für dieses Jahr zwar ein positives operatives Ergebnis an. Es könne aber sein, dass der Konzern 2012 unter dem Strich kein positives Ergebnis schaffen werde. Für den geplanten Gang an die Börse seien die aktuellen Rahmenbedingungen nicht optimal: „Wir brauchen zwei gute Quartale und einen positiven Ausblick, um den Börsengang zu wagen.“ Auf die Frage, ob ein Börsengang im Jahr 2013 vorstellbar sei, sagte Behrendt der F.A.Z.: „Ich halte das für eine Option.“