Justizministerin legt Eckpunkte für Beschneidungsregelung

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat Eckpunkte für eine Legalisierung der Beschneidung bei minderjährigen Jungen vorgelegt. Dem Papier zufolge, das der „Welt“ vorliegt, ist vorgesehen, dass die Erlaubnis für die elterliche Einwilligung in die Beschneidung bei einem Jungen im allgemeinen Sorgerecht geregelt wird, ohne dass religiöse Motive für die Einwilligung erforderlich sind. In dem Entwurf des Regelungstextes für Paragraf 1631d des Bürgerlichen Gesetzbuches (Kindschaftsrecht), der am Dienstag an Länder und Verbände geschickt wurde, heißt es: „Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll.“

Unzulässig wäre die elterliche Einwilligung laut Papier nur dann, wenn „durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird“, wenn also zwingende Grüne zum Unterlassen des Eingriffs vorliegen. Nach den Plänen der Justizministerin muss der Eingriff nicht unbedingt von Ärzten durchgeführt werden. Vielmehr dürfen „in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.“ Damit entspricht das Justizministerium den Gegebenheiten im Judentum, wo Beschneidungen am achten Tag nach der Geburt des Jungen von einem Rabbiner durchgeführt werden. Allerdings steigen die medizinischen Anforderungen an die Beschneider. Denn laut Begründung muss die Beschneidung „lege artis“, also nach dem Stand der medizinischen Kunst vorgenommen werden. „Damit“, so heißt es im Entwurf, „sind eine fachgerechte Durchführung des Eingriffs, die hygienischen Rahmenbedingungen und – da auch dies von den Regeln der ärztlichen Kunst umfasst ist – eine unter Beachtung der medizinischen Standards im Einzelfall gebotene und wirkungsvolle Schmerzbehandlung abgedeckt.“ Zudem, so der Entwurf, gehöre zu der Vorschrift „lege artis“ die „Pflicht des Beschneiders zur umfassenden Aufklärung der Eltern vor dem Eingriff“. Dies soll sowohl für Ärzte als auch andere Beschneider gelten. Ausdrücklich verzichtet hat das Ministerium darauf, die Rechtsgültigkeit der elterlichen Einwilligung davon abhängig zu machen, ob die Eltern religiöse – also jüdische oder muslimische – Motive haben. „Der Entwurf stellt bewusst nicht auf eine religiöse Motivation der Eltern ab“, heißt es in dem Papier laut Bericht der „Welt“. Denn mit einer Eingrenzung auf religiöse Motive, so der Ministeriumstext weiter, sähe sich „die Rechtspraxis vor die schwierige Aufgabe gestellt, den Inhalt religiöser Überzeugungen ermitteln zu müssen.“ In diesem Zusammenhang verweist das Ministerium darauf, dass „Eltern die – weltweit stark verbreitete – Beschneidung ihres Sohnes aus unterschiedlichen Gründen für kindeswohldienlich halten“. Daher würde „eine Regelung allein für religiös motivierte Beschneidungen von Jungen den möglichen unterschiedlichen Zwecksetzungen von Beschneidungen nicht gerecht.“ Mit dem Gesetzesplan reagiert das Ministerium auf die Rechtsunsicherheit, die entstanden war, nachdem das Kölner Landgericht im Mai entschieden hatte, dass eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung strafbare Körperverletzung sei. Daraufhin hatte der Bundestag im Juli die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem eine medizinisch fachgerechte Beschneidun von Jungen ohne unötige Schmerzen grundsätzlich zulässig sein soll. Dieser Aufforderung durch den Gesetzgeber versucht das Justizministerium durch das im Eckpunktepapier skizzierte Gesetz nachzukommen.