Kleidung ist ein Marketinginstrument

Ein Interview mit der Stilberaterin Elisabeth Motsch.

showimage Kleidung ist ein Marketinginstrument

Elisabeth Motsch

Hand aufs Herz! Würden Sie zu einem wichtigen Termin im Schlabberlook, den Sie in ihrer Freizeit vielleicht ganz gerne tragen, erscheinen? Wohl kaum. Unser Erscheinungsbild ist wichtig. Und: Es kann mit entscheidend dafür sein, ob wir unsere privaten und beruflichen Vorhaben auch erreichen. Elisabeth Motsch ist Stilberaterin. Sie weiß, wie man mit Stilsicherheit, Selbstbewusstsein und Kompetenz seinen Zielen einen großen Schritt näher kommen kann.

Klaus Wenderoth: Frau Motsch, wie kam es dazu, dass Sie die Themen „Image & Outfit“ zu Ihrem beruflichen Mittelpunkt gemacht haben?

Elisabeth Motsch: Wie kam es dazu? Nach der Ausbildung zur Visagistin und Maskenbildnerin hat mich das Thema sehr fasziniert. Zuerst lernte ich die klassische Farb- und Stilberatung und dann vertiefte ich mich in diesem Thema immer mehr. Charakterstudien, Farbstudien und das Interesse an der Imageberatung in Firmen machten mich zum Experten.

Mein heutiges Wissen beruht auf jahrelange Erfahrung und vielen Ausbildungen um den Menschen zu kleiden und nicht nur die Position. Das wünschen sich heute meine Kunden, nicht geklont zu sein, sondern – wenn auch manchmal in sehr kleinen Rahmen – Individualität in der Kleidung auszustrahlen.

Klaus Wenderoth: Sie sagen: „Der erste Eindruck, kann den roten Teppich für Ihre sachlichen Inhalte legen.“ Wie meinen Sie das bitte?

Elisabeth Motsch: Ist der erste Eindruck positiv, lenken Details in der Kleidung nicht mehr ab. Man kann sich auf die Inhalte des Gesprächs konzentrieren. Ist der erste Eindruck daneben gegangen, sucht man immer nach Bestätigung des ersten schlechten Eindrucks und das Gespräch ist nicht frei von negativen Vorurteilen und beeinträchtigt dadurch das Gespräch ungünstig.

Klaus Wenderoth: Kritiker sagen: „In dieser Gesellschaft wird viel zu viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt.“ Was sagen Sie Frau Motsch?

Ja und nein. Es wird dann zu viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt, wenn es nur mehr um den Schein geht und nicht mehr um den Menschen. In der Gesellschaft gibt es soziale Regeln, auch in der Kleidung.

Bedient man diese sozialen Regeln nicht, tut man sich sehr schwer am geschäftlichen Parkett. Eine gesunde Form der Äußerlichkeiten haben noch nie jemanden geschadet. Kleider machen Leute – gilt heute noch genauso wie vor 20 Jahren.

Klaus Wenderoth: Politiker haben oft Stilberater. Warum eigentlich? Geht es nicht gerade bei unseren Volksvertretern um sachliche Inhalte und eben nicht um die passende Krawatte? Oder anders: Sind die „Piraten“ die schlechteren Politiker, weil sie eben, nicht der Norm entsprechend, gekleidet sind?

Elisabeth Motsch: „Wer als Politiker zeitgemäss sein will, muss zum Bilderproduzenten werden“ sagt Gerd Müller-Thomkins, Chef des Deutschen Modeinstituts in Köln. Politiker die zu wenig Wert auf Kleidung legen, geraten in Verdacht, aussagelos zu sein. Das Auge wählt mit.

Auffällige oder auffällig unauffällige Imagekorrekturen gibt es bei Politikern immer wieder zu beobachten. Sie ändern die Garderobe, den Haarschnitt oder die Brille – meistens wenn Wahlen anstehen. Ziel ist es eine größere Wählerschaft anzusprechen. Joschka Fischer hat auffällig seine Kleidung vom „Grünen Outfit “ zum staatstragenden „Anzug“ als Vizekanzler und Außenminister gewechselt. Auch Kanzlerin Merkel musste diese Lektion lernen. Ihr fehlendes Stilbewusstsein wurde ihr oft angekreidet. Heute ist die Kritik verflogen.

Und jetzt zu den Piraten: Die „Piraten“ haben keinen Kleiderstil. Die Wirtschaftswoche schreibt in Ihrer Ausgabe vom 18. Juni 2012 folgendes in der Überschrift: Piraten sind aus der Mode! Die Piraten in den Landtagen sorgen wegen ihres Äußeren für Ärger. Das zeigt, wie wichtig die passende Kleidung ist.

Weiters schreibt sie:

Da sitzen seit dem Siegeszug der „Piraten“ junge Menschen in kurzen Hosen, schlabberigen T-Shirts und mit seltsamen Kopfbedeckungen, denen man das würdige Amt wahrlich nicht ansieht. Nun hat sich sogar die Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtages in einem Brief an die Abgeordneten beschwert, dass sie bei aller „individuellen Freiheit“ ein „Mindestmaß an Seriosität“ erwarte. In dem Brief, aus dem der „Spiegel“ zitiert, fordert sie die Männer auf „zumindest ein Jackett tragen“ und die weiblichen Abgeordneten sollten ihre Schultern bedecken. Hüte und Kopftücher aller Art hält Gödecke im Parlament für „unangebracht“. Der Berliner Pirat Gerwald Claus-Brunner hatte schon vor einiger Zeit mit seinem Palästinensertuch auf dem Kopf eine wütende Kritik von Charlotte Knobloch, Ex-Präsidentin des Zentralrats der Juden, erfahren.

Klaus Wenderoth: Wie sieht für Sie ein stimmiges Gesamterscheinungsbild eines Menschen aus? Auch dann, wenn es sich um jemanden handelt, der vielleicht keine Modell- oder Idealmaße hat?

Elisabeth Motsch: Ein stimmiges Gesamterscheinungsbild eines Menschen ist dann gegeben, wenn man seine Persönlichkeit kleidet, sich nicht verkleidet und seine Stilgeheimnisse kennt.

Ein Mensch braucht keine Modelmaße haben um gut auszusehen. Man muss nur wissen wie man sich gut kleidet, was passt und was nicht. Jede Mode bietet für alle Figuren etwas.

Klaus Wenderoth: Was bewirkt das Bewusstsein „gut angezogen“ zu sein in den meisten Menschen?

Elisabeth Motsch: Das Gefühl, gut gekleidet zu sein und – vor allem – richtig gekleidet zu sein, verleiht einem eine innere Stärke, ein selbstbewussteres Auftreten, die Stimme wird aussagekräftiger und die Haltung strahlt Sicherheit aus.

Klaus Wenderoth: Menschen sind Individuen mit ganz eigenen Charakteren. Wie finde ich denn nun meinen persönlichen Stil um den Einklang zwischen innen und außen herzustellen?

Elisabeth Motsch: Wer nur nach der Mode geht und nicht den Charakter kleidet, wirkt verkleidet. Das innere muss im außen sichtbar gemacht werden dann wirkt Kleidung authentisch zur Person.

Um sich im Einklang zu kleiden muss ich meine Charaktereigenschaften kennen. Wenn z.B. jemand sehr klar und strukturiert ist, sind sehr lebhafte Muster nicht das Abbild der Persönlichkeit. Ein kleiner gedrungener Mann mit Glatze sieht in einer Krawatte in rosarot nicht wirklich gut aus.

Warum empfinden wir Italiener so stilvoll? Italiener kennen Ihren Stil und lassen sich von der Mode nur soweit beeinflussen, als er ihnen und Ihrer Eleganz steht.

Klaus Wenderoth: Ihre Arbeit beschränkt sich ja nicht allein auf „Kleidung als Ausdruck von Auftreten und Kompetenz“. Erst im Zusammenspiel mit den richtigen Umgangsformen ergibt sich für Sie ein perfekter Auftritt. Konkret: Was halten Sie davon wenn sogar Großkonzerne ihre Kunden in Werbespots und in sozialen Netzwerken duzen?

Elisabeth Motsch: Es ist in unserer Kultur eher befremdlich, dass man sich duzt. Zu einem schwedischen Möbelhaus passt die Werbung mit der Du-Anrede, daran haben wir uns gewöhnt.

Schweden ist anders als Deutschland, aber im Möbelhaus möchte ich nicht mit Du als Kunde angesprochen werden, das geht mir zu weit. Das erzählen mir auch viele Kunden. In sozialen Netzwerken ist das auch so eine Sache. Es kommt auf die Branche des Unternehmens an und welche Altersgruppe das Unternehmen ansprechen möchte

Ist man 20 Jahre alt, ist das o.k. Wenn ich aber über das jugendliche Alter hinausgewachsen bin und mir schreibt jemand auf Xing in Du-Form, bin ich befremdet, da bin ich nicht die Einzige. Es gilt auch in sozialen Netzwerken auf die Form zu achten. Ist man in Foren unterwegs gilt fast immer das vertrauliche Du.

Dieses und weitere Interviews finden Sie im Expertenblog http://www.KlausWenderoth.de

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