Verheugen wirft Deutschland Konzeptionslosigkeit bei Europapolitik vor

Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen wirft der deutschen Politik Konzeptionslosigkeit in der Europapolitik vor und fordert ein eigenes Bundesministerium für EU-Angelegenheiten. So könne die Bundesregierung „ihr eigenes Durcheinander“ beenden, schreibt Verheugen in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. Weil es kein Europa-Konzept gebe, landeten die Fragen der Europapolitik „mit schöner Regelmäßigkeit“ vor dem Bundesverfassungsgericht.

Europapolitik sei „in Deutschland Expertenpolitik, bestimmt von einzelnen Ressortinteressen, vollständig kontrolliert von der Exekutive.“ Die angebliche Europafreundlichkeit des Landes stütze sich „auf einen parteienübergreifenden Scheinkonsens“. „Kein Wunder, dass in den Parteien immer wieder kritische Stimmen laut werden, die man dann als Abweichler bezeichnet“, so der SPD-Politiker. Doch: „Wenn man von der CSU absieht und ihrer verbalen Kraftmeierei, die noch nicht einmal für den Stammtisch taugt, sind viele der Kritiker weder Spinner noch Zündler, sondern Menschen, die spüren, dass etwas ganz grundsätzlich schiefläuft. Ihre Fragen sind die Fragen der Mehrheit, denn die Europapolitik ist längst vor Ort angekommen.“ Dass sich so viele Bürger der Verfassungsbeschwerde gegen den ESM angeschlossen haben, müsse man sehr ernst nehmen, es sei ein Zeichen des Vertrauensverlustes.