Angesichts der weiterhin drohenden Neuauflage der Ankäufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals ein Vertreter der Unions-Bundestagsfraktion eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ins Spiel gebracht. „Es ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten, dass der handstreichartige Umbau der EZB gegen den entschiedenen und auch offen ausgesprochenen Widerstand des deutschen Bundesbankpräsidenten geschieht“, begründete der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch in einem Gastbeitrag für „Handelsblatt-Online“ seinen Vorstoß. Deutschland habe mit mehr als 27 Prozent den größten Anteil am Kapital der Zentralbank.
Unter Partnern müssten daher solche „weichenstellenden Entscheidungen“, wie die geplanten Käufe weiterer Anleihen von Euro-Krisenländern, im Konsens gefunden werden. Der Vertragsbruch dürfe nicht zur Methode werden, unterstrich Willsch und fügte hinzu: „Die Bundesregierung sollte, möglichst gemeinsam mit den anderen Geberländern, vor einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EZB nicht zurückschrecken, wenn diese nicht wieder entsprechend ihrem im AEUV festgelegten Mandat handelt.“ Die Geldpolitik dürfe nicht das Instrument zur Finanzierung defizitärer Staatshaushalte bleiben. „Das sind wir den deutschen Sparern, Steuerzahlern und unseren Kindern und Enkeln schuldig.“ Willsch hält noch weitergehendere Maßnahmen für angebracht, da die Unabhängigkeit einer Institution nur dann gerechtfertigt sei, wenn sie sich an das gegebene Recht halte. In Bezug auf die EZB und die Euro-Rettungspolitik stehe man am Scheideweg. „Wenn die EZB weiterhin gegen ihr Mandat handelt, muss Deutschland die Initiative zur Veränderung des EZB-Statuts ergreifen“, verlangt Willsch. Denn die Übertragung der Struktur der Bundesbank auf die Europäische Zentralbank habe sich leider als falsch erwiesen. „Die Stimmenverhältnisse im EZB-Rat müssen den Haftungsverhältnissen angepasst werden“, so Willsch. „Denn entgegen den zugrundeliegenden hehren Vorstellungen vertreten viele nationalen Vertreter im EZB-Rat in der Praxis nicht die EZB, sondern die Interessen ihrer Herkunftsländer.“ Die Vertretung eigener Interessen sei zwar „voll und ganz legitim“, aber nur, wenn sie nicht auf Kosten anderer gehe.