Ist der Islam tatsächlich eine Bedrohung?

(Daniel Albrecht – OPTIMUS-Redaktion)
Mehr als 800 Beamte der Sicherheitsbehörden durchsuchten im Juni 2012 im Rahmen einer Großrazzia bundesweit  71 Gebäude und Wohnungen von Anhängern des Salafismus, als  deren Ziel die Einführung der Scharia in Deutschland gilt. Auch eine Sprengstoffweste wurde nach Angaben der Polizei beschlagnahmt. Einigen Tatverdächtigen konnte die Mitwirkung an den gewaltsamen Ausschreitungen am 1. Mai 2012 in Solingen  nachgewiesen werden. Schlagzeilen wie diese,  in denen von Festnahmen oder Hasspredigern aus extremistischen muslimischen Lagern die Rede ist und Berichte über mangelnde Integrationsleistungen von Muslimen, dominieren die öffentliche Wahrnehmung des Islam ebenso wie dessen konfliktträchtiges Verhältnis zu den allgemeinen Menschenrechten.
Auf diese Sichtweisen spielt der provokante Buchtitel „Bedrohung durch den Islam?“ von Klaus Behnam Shad an. Sie bilden den Ausgangspunkt  der Analyse des Friedensaktivisten, der die Bedrohungsgefühle aus den Entwicklungen der islamischen Welt heraus erläutert.  Die Analysen führen zu der Leitfrage, inwieweit die Vereinbarkeit von Islam und Menschrechten in demokratischen Gesellschaften möglich ist. Die Menschenrechte bilden die völkerrechtliche Grundlage für die meisten westlichen Gesellschaften, sodass die Beantwortung dieser Frage von enormer Relevanz ist. Um sich der Frage zu nähern, wird ein Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschlagen. Schicht für Schicht werden die soziokulturellen, politischen und religiösen Dynamiken zutage gefördert, die dem Islam sein heutiges Gesicht verleihen. Das Buch wirft Schlaglichter auf die Geschichte muslimischer Kulturtraditionen, Denkweisen und verschiedene Strömungen innerhalb der muslimischen Gemeinschaft und überführt den Islam aus der Geschichte in die Gegenwart. Gekonnt werden die Konfliktlinien zwischen dem Islam und den allgemeinen Menschrechten herausgearbeitet, die in westlichen Gesellschaften wie der Deutschlands zuweilen für Irritationen sorgen. In diesem Zuge werden die Stellung der Frau, die Haltung des Islam gegenüber anderen Religionen und die Absolutheitsansprüche des Korans problematisiert. Als konstituierend für die heutigen Entwicklungen des Islams werden dabei der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt und jüngst der Krieg in Afghanistan beschrieben.
Fernab von Populismus und Plattitüden behebt Behnam Shad generelle Übersetzungsprobleme zwischen einer „unvoreingenommenen“ deutschen Mehrheitsgesellschaft und der „muslimischen Gemeinschaft“, die nicht selten in Pauschalisierungen und Anfeindungen münden. Es wird deutlich, dass nicht die Mehrheit der Muslime, sondern vielmehr eine radikalisierte Minderheit, das vermeintlich fundamentalistische Bild  des Islams in der Öffentlichkeit erzeugt und reproduziert. Zudem wird von der Mehrheit der Muslime eine deutlichere Abgrenzung von islamisch-fundamentalistischem Gedankengut gefordert.
Als Wanderer zwischen „Orient“ und „Okzident“ kennt sich der 1984 in Teheran geborene Klaus Behnam Shad in westlich und muslimisch geprägten Gesellschaften bestens aus. Ihm ist als ausgebildeter Mediator, studierter Kultur- und Sozialanthropologe und Aktivist der internationalen Friedensbewegung an der Auflösung von Konflikten gelegen und zwar ohne kritische Aspekte auszusparen. „Bedrohung durch den Islam?“ ist nach seinem Erstwerk „Militanter Islam und Demokratisierung in Indonesien“ sein zweiter Beitrag hierzu. Seine eloquent geschriebene und wissenschaftlich fundierte Studie eignet sich sowohl für den politisch interessierten Leser, als auch für das Fachpublikum zur Lektüre.