Weshalb in der Stimme viel Umsatzkraft liegt

Ein Interview mit Arno Fischbacher

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Arno Fischbacher

Wer sich im Geschäftsleben nicht „um Kopf und Kragen“ reden will, sollte nicht nur wissen, was er sagt. Mindestens genauso wichtig: Wie sage ich etwas. Jeder von uns hat eine Stimme. Wie wichtig der Einsatz unserer Stimme ist, erzählt uns Arno Fischbacher im nachfolgenden Interview. Arno Fischbacher ist Stimmtrainer, Buchautor, Sprecher und Schauspieler. Ein Mann, der die „Macht der Stimme“ in all ihren Facetten kennt.

Klaus Wenderoth: Herr Fischbacher, was genau macht ein „Wirtschafts-Stimmcoach“?

Arno Fischbacher: Wenn Sie an Stimmtraining denken, haben Sie möglicherweise eine vage Idee von Stimm- und Atemübungen, sowie Zungenbrecher und Korkensprechen vor Augen. Wenn Sie an die Wirtschaft denken und die Dynamik sowie Zeitknappheit, die in diesem Sektor sehr üblich sind, kommen eventuell schnell Zweifel auf, wie beides zusammengehen soll. Einmal zwei Tage Stimmtraining, Impulse erhalten und Übungen ausprobieren schön und gut. Doch wer nimmt sich die Zeit, um anschließend tatsächlich täglich zu üben? Ist das realistisch für Mitarbeiter im Marketing, im Vertrieb, im Controlling oder für Abteilungsleiter und Vorstände? Irgendwie schwer vorstellbar, nicht wahr?

Genau das hat mich bewegt, als ich mich im Jahr 1998 entschieden habe, mich als Stimmcoach selbstständig zu machen. Als Schauspieler in Theater, Film und TV hatte ich die Wirkung von Stimme, Sprache und Körpersprache in allen Facetten und tiefen Details erlernt und erprobt, als Geschäftsführer eines privaten Theaters habe ich genau dieses Wissen von der Bühne in die „Realität“ übertragen und mit zunehmenden Erfolg genutzt, wenn es darum ging Budgets hart zu verhandeln, Mitarbeiter zu führen und Expansion in schwierigen Zeiten zu stemmen.

Dann noch der Aufbau eines der ersten privaten Radios Österreichs (Welle 1) als Gründungsgesellschafter und der dazu gehörige Umgang mit allem, was die Medienwelt mit sich bringt … Ja, es gab wahrlich genug Gelegenheiten, um die Macht der Stimme zu erfahren und die eigene Stimme unter Stress und Druck steuern zu lernen.

Menschen in der Wirtschaft brauchen kein jahrelanges Schauspieltraining und keine umfassenden Stimm- und Sprechübungen, um in den Situationen, in denen es darauf ankommt, steuerungsfähig zu sein. Ich gelte als führender Experte für die unbewusste Macht der Stimme in Kundenservice, Führung und Vertrieb. Als Trainer und Coach bereite ich Führungskräfte und Mitarbeiter der Top-Unternehmen in Deutschland und Österreich auf erfolgreiche Gespräche, Präsentationen und Medienauftritte vor. Dabei verbinde ich für konkrete Businesspraxis mit Bühnen-Know-how und neuem Wissen aus Psycholinguistik und Wahrnehmungsforschung. Letzteres fasziniert mich sehr und zeigt mir immer wieder neue Möglichkeiten, um Gelerntes mit Spaß, Neugier und ohne Aufwand effektiv auch außerhalb des Trainings zu praktizieren. Genau das ist in der Wirtschaft wichtig!

Einen Ausschnitt verrät mein Buch „Geheimer Verführer Stimme“, das zu den Bestsellern im Junfermann Verlag gehört. Gerade bei der Stimme hilft es jedoch natürlich, die Wirkung zu erleben und selbst zu erfahren. Daher erfreuen sich auch meine Workshops und Vorträge großer Beliebtheit, bei der die Zuhörer aufgrund meines Hintergrundes sehr von der plastischen Darstellung auf der Bühne und dem hohen Unterhaltungswert profitieren.

Klaus Wenderoth: Beeinflussen Stimme und Sprache die inhaltliche Wahrnehmung des Gesprochenen?

Arno Fischbacher: Kennen Sie den alten Spruch: „Der Ton macht die Musik!“? Der Volksmund hat schon lange erkannt, dass es zu einhundert Prozent von Tonalität und Sprechweise abhängt, wie es ankommt, was Sie sagen.

Damit es etwas konkreter wird, ein Beispiel. Stellen Sie sich vor, Sie werfen frühmorgens einen ersten Blick aus dem Fenster auf Regenwolken und nasse Dächer und brummen abfällig: „Na, heut“ ist aber wieder ein super Wetter!“ und aus dem Nebenzimmer tönt es zurück: „Kein Wunder, das hat gestern schon der Wetterbericht angekündigt!“ Ihr Satz wurde dann doch genau genommen falsch verstanden, nicht wahr? Zumindest, wenn man es rein inhaltlich betrachtet. Tatsächlich hat die Kommunikation jedoch funktioniert und der andere hat den Satz genau so verstanden, wie Sie ihn meinten. Die Ironie der Aussage kommt hier allein durch die Tonalität der Stimme herüber. Die Stimme ist ein Schlüsselreiz in der menschlichen Kommunikation. Sie bestimmt die Wirkung Ihrer Worte. Wenn wir sprechen, sind die Inhalte der Sprache untrennbar mit dem Klang, dem Tonfall verbunden.

Die Forschung beweist heute anschaulich: Im Gehirn der Zuhörer dauert es jeweils fast eine Viertelsekunde, bis aus dem Klangbrei, der ans Ohr dringt, verständliche Worte identifiziert werden. Aber was macht das Gehirn während dieser doch relativ langen Zeit? Es hört schon mal hin, wie es klingt und welche zu allererst wichtigsten Botschaften es erhält. Ist es mir bekannt? Werde ich bedroht? Ist es Mann oder Frau? Kann ich vertrauen? Klingt es glaubwürdig? Sarkastisch? Sympathisch? Beleidigend? Beiläufig? Nur so daher gesagt? Oder doch recht bestimmt?

Zusammengefasst: Ja! Stimme und Sprache beeinflussen die inhaltliche Wahrnehmung des Gesprochenen – und zwar in hohem Maße.

Klaus Wenderoth: Wann wirkt sich die Stimme besonders aus?

Arno Fischbacher: Ihre Stimme kleidet Ihre Botschaft, rückt sie ins rechte Licht. Umsatz oder Niete? Schon der erste Satz am Telefon kann den Termin kosten. Eigentlich überraschend, dass noch nicht alle Unternehmen erkannt haben, welche Umsatzkraft in der Stimme steckt.

„Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück!“ In jeder privaten Beziehung hat das schon mal Folgen gehabt. Das gilt ebenso für jedes Kundengespräch wie für die täglichen Diskussionen im Meeting und Präsentationen. Wie schauen die besonders kritischen oder sensiblen Situationen im Alltag aus?

Genau betrachtet wirkt die Macht der Stimme bereits bei der Mailbox-Ansage. Oder beim Anhören einer Telefonwarteschleife. Oder beim Empfang, in der Telefonzentrale, im Chefsekretariat. Wie stark sich die Tonalität in einem Unternehmen (also der Ton zwischen Führungskräften und den Mitarbeitern) auf die Arbeitszufriedenheit und somit die Fluktuation auswirkt, weiß man mittlerweile aus mehreren Untersuchungen. Ob Meetings ergebnisreich sind oder vor sich hindümpeln ist oft eine Frage der (auch stimmlichen) Führung und Leitung. Und weil wir gerade bei Meetings sind: 80% der Teilnehmer von Präsentationen finden sie langweilig und zeitraubend. Kann das nur am Inhalt liegen? Wohl kaum, denn schließlich gibt es ja Gründe, um ein Meeting durchzuführen. Genervt sind die Zuhörer tatsächlich am meisten von einer monotonen, nuschelnden, wenig begeisterungsfähigen oder sonst wie ungenügenden Sprechweise.

Stress ist übrigens ein Stimm-Killer ersten Ranges. Viele Außendienst-Mitarbeiter berichten von einer unsicherer oder höher klingenden Stimme beim Besuch neuer Kunden oder wenn sie Gespräche zu führen haben, bei denen es um unterschiedliche Positionen und Interessen geht. Viele Vorstände kommen in Bedrängnis, wenn es darum geht, vor der Kamera oder dem Mikrophon stimmlich entspannt zu wirken.

Wenn die Frage lautet, wann sich die Stimme besonders auswirkt, lohnt sich auch der Blick auf die Faktoren, von denen der Klang der Stimme überhaupt abhängt. Denn nur wer Zusammenhänge versteht, kann daran arbeiten. Folgende drei Schlüsselfaktoren sind entscheidend:

Einstellung: Was denke ich über den Zuhörer oder über das Thema?
Emotion: Welche Gefühle lösen Situation, Thema oder Gesprächspartner in mir aus?
Stimmverhalten und Sprechweise: Welche Gewohnheiten haben im Laufe des Lebens meine Körpersprache, meine Gestik und meinen Ausdruck geformt? Welche dieser unbewussten Verhaltensweisen schmälern meine Wirkung?

Wenn ein Training gut aufgebaut ist, berücksichtigt es alle drei Faktoren. Dann bringen leicht umsetzbare, praxistaugliche Tools draußen beim Kunden sofort messbare Ergebnisse.

Klaus Wenderoth: Sind gut geschulte Sprecher die besseren Verkäufer?

Arno Fischbacher: Verkäufer als „Sprecher“ … das klingt ein wenig nach dem „gut artikulierten Hersagen“ von einstudierten Verkaufsformeln. Das hat heute kaum noch Erfolg am Markt, weder in der Akquise noch am Servicetelefon. Die Kunden haben genug von unpersönlicher Ansprache und dummen Sprüchen. Und Achtung: Auch eine allzu offensichtlich trainierte Sprechweise, wie etwa übertriebenes Hochdeutsch, kommen nicht gut an! Überperfektes oder geschöntes Auftreten macht misstrauisch! Echte Persönlichkeiten sind gefragt! Authentisch sein lautet die Devise!

Beim professionellen Stimm- und Rhetorikcoaching geht es deshalb immer darum, die eigene, innewohnende persönliche Wirkung zu stärken. Das trainiert man nicht nur „so allgemein“, sondern ganz konkret und praxisbezogen, etwa entlang der Phasen eines typischen Verkaufsgesprächs:

Erstkontakt: Hier hat die Stimme die besondere Aufgabe, in Sekunden unbewusst die mentalen Türen zu öffnen. „Eigenton“ nennt man jene einladend sympathische Klangfarbe der Stimme, die signalisiert, dass Sie am Menschen und nicht nur an seinem Geld interessiert sind.
Bedarfsgespräch: Verkäufer sind gute Zuhörer und die Erde ist eine Scheibe! Paradoxerweise hilft hier Stimmtraining, da es die Wahrnehmung schult! So erhalten Sie nicht nur mehr und bessere Antworten Ihres Gesprächspartners – Sie lernen, die wertvollen emotionalen Botschaften zu entschlüsseln, die Ihnen die Stimme verrät!
Nutzen präsentieren: Statistisch gesehen werden nur 3% aller Präsentationen als begeisternd erlebt. Hier steckt riesiges Umsatzpotential! Ob die Stimme monoton oder zu schrill klingt, ob zu viele „Ähm“s“ vom Inhalt ablenken, zu leise oder allzu pausenlos gesprochen wird – Training bringt sofort deutliche Verbesserung und bessere Ergebnisse!
Einwände, Beschwerde: Gefürchtet besonders im Aftersales-Bereich: Wenn der Kunde unzufrieden oder ungehalten ist, wird die Diskussion manchmal laut. Sobald die Stimme den sogenannten „Alarmbereich“ erreicht, werden Adrenalin-Kreisläufe aktiviert, das Unheil nimmt seinen Lauf. Den eigenen Emotionen früher Einhalt zu gebieten und so selbst im Konflikt stimmlich souverän und führend zu bleiben, ist ein wesentlicher Bestandteil professionellen Stimmtrainings.
Abschluss: Jetzt ist stimmliche Führungsstärke gefragt – und der Mut zur Pause. Im Training erfahren Sie den entscheidenden Unterschied zwischen Lautstärke (oft ungünstig) und dem satten Volumen der Stimme (beeindruckend). Und wie Sie durch die unbewusste Macht der Stimme selbst der wichtigen Pause vor dem Abschluss noch die unangenehme Schärfe nehmen.

Zusammengefasst: Die Stimme ist das Haupt-Verkaufsinstrument im persönlichen Kontakt und am Telefon. „Voice Sells!“, wie übrigens auch die stimme.at-Studie „Wirtschaftsfaktor Stimme“ nachweist: 94% der befragten Geschäftsführer und Führungskräfte bekräftigen, Stimme ist im Verkauf ein Erfolgsfaktor ersten Ranges.

Klaus Wenderoth: Welches Problem können Sie innerhalb Ihrer Seminare immer wieder feststellen?

Arno Fischbacher: Der hohe Druck, dem heute die meisten Mitarbeiter ausgesetzt sind, verführt dazu, den bitter nötigen Erfolg intern wie extern in immer stärker ausgefeilten Argumenten zu suchen. Das killt die Reste der natürlichen Empathie und verstärkt die fatale Tendenz zu verkopften Strategien in Management und Sales. Ohne Empathie (also ohne die Fähigkeit, mitzuempfinden) gelingt es aber nicht, jene wichtige Beziehungsbasis zu schaffen, ohne die Geschäftserfolg nicht gedeihen kann.

Hier punktet die Auseinandersetzung mit Stimme und Sprechweise besonders. Denn sie schult die eigenen Sensoren, sensibilisiert das Ohr, macht hellhörig für Kaufsignale. Schärft den Spürsinn, macht sensibel für wegweisende Regungen. Finetuning pur für die Körperwahrnehmung, das Bauchgefühl.

Was manchen Vertriebsleiter noch davon abhält, über ein „Voice Sells!“-Training für seine Verkäufer nachzudenken, mag auch mit dem überholten Image von herkömmlichem Stimmtraining zu tun haben. So mancher assoziiert damit wenig nachhaltige Übungen mit Zungenbrechern oder mit einem Korken im Mund.

Mein Fazit nach mehr als zehn Jahren als Wirtschafts-Stimmcoach:

Potentiale: Sie werden nach wie vor bei weitem nicht ausgeschöpft. Mehr als 30% der persönlichen Wirkung sind Stimme, Sprechweise und Tonalität zuzuschreiben, aber in kaum einer Berufsausbildung wird die Macht der persönlichen Wirkung professionell geschult. Weniger als 3 % der Führungskräfte haben geschulte Stimmen.
Erfolge: Stimme als Thema von TV-Magazinen, Stimme als Aufmacher am Fokus-Titelblatt – die wirtschaftliche Macht der Stimme wird immer mehr bewusst. Knapp ein Jahrzehnt Überzeugungsarbeit durch die 70 Profis von stimme.at, dem Europäischen Netzwerk der Stimmexperten, zeigt Wirkung.

Am schönsten ist es aber für mich immer noch, wenn meine Teilnehmer nach einem Workshop oder Coaching von richtungweisenden Erfolgen im Business berichten. Das macht mich als Trainer richtig stolz.

Klaus Wenderoth: Was halten Sie von Podcasts als Marketinginstrument?

Arno Fischbacher: Das Internet wird immer bewegter, sodass heute Videos deutlich auf dem Vormarsch sind. Viele Self-Made-Marketingvideos scheitern jedoch an der grottenschlechten Vertonung und vielfach immer noch mangelhafter Bildqualität. Sie wirken sehr schnell laienhaft und so, wie sie meist tatsächlich sind: billig produziert. Der Aufwand, ein ansehnliches Video zu produzieren, schreckt aber nach wie vor viele kleineren Unternehmer ab.

Unterhaltenden Lernstoff für die „rollende Podcast-Universität“ herzustellen, ist dagegen nicht schwer. Ein leidliches Mikrophon und ein PC oder Laptop genügen – schon ist der eigene Podcast geboren. Er erlaubt, was mit Video nicht ohne weiteres möglich ist: Die Fahrtzeit im Auto, die Joggingrunde oder den Abendspaziergang für die eigene Weiterbildung zu nutzen. Die große Verbreitung von Smartphones erlaubt heute, Audio-Infos nicht mehr nur als klassischen Podcast, sondern auch als Web 2.0-Apps wie Cinch oder Soundcloud zu hören. Damit erschließt sich die Mehrfachnutzung des Podcasts, etwa im Blog.

Auch beim Podcast gilt es jedoch, die Macht der Stimme nicht zu unterschätzen. Sprechen ohne sichtbaren Ansprechpartner will gelernt sein, damit es lebendig herüber kommt und man gerne weiter zuhört. Günstig ist es hier, die Texte tendenziell frei zu sprechen, wenn möglich sogar einem Gegenüber zu erzählen und dabei die Aufnahme laufen zu lassen. Das Ablesen von Texten ist eine Kunst für sich, allzu schnell klingt es „gelesen“ und damit unpersönlich. Also: Ohren auf beim Podcast und lieber eine zweite und dritte Aufnahme machen und sich dann die beste raussuchen oder ggf. schneiden.

Hören Sie als Beispiel dazu meinen Audio-Blogbeitrag „Die ersten Sekunden am Telefon“:

http://www.arno-fischbacher.com/blog

Dieses und weitere Interviews finden Sie im Expertenblog „Menschen, Medien, Meinungen … http://www.KlausWenderoth.de

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