Die Grünen lehnen das von der Union angedachte Familiensplitting ab. „Es honoriert weiterhin die Nichterwerbstätigkeit eines Partners und verschärft zudem die soziale Schieflage des Ehegattensplittings“, schreiben die Vize-Fraktionsvorsitzenden Kerstin Andreae und Ekin Deligöz in einem Papier, das dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe) vorliegt. Zuletzt hatten sich diverse CDU-Politiker — bis hin zu Fraktionschef Volker Kauder — für ein Familiensplitting ausgesprochen.
Dabei schwebt der CDU ein Modell vor, bei dem das Gesamteinkommen einer Familie nicht nur durch zwei geteilt wird sondern etwa bei zwei Eltern und zwei Kindern durch drei oder bei drei Kindern durch vier. Der Splittingvorteil für Kinderlose würde parallel erhalten bleiben. Das jedoch würde „die bestehende Ungerechtigkeit weiter verschärfen“, weil vor allem Bessergestellte profitieren würden, argumentieren Andreae und Deligöz. „Dem Großteil der Kinder beziehungsweise der Familien wäre kein bisschen geholfen.“ Zudem wäre das Familiensplitting deutlich teuer als das Ehegattensplitting, das nach Angaben des Bundesfinanzministeriums das Steueraufkommen jährlich um rund 20 Milliarden Euro mindert. Die Grünen favorisieren dagegen einen radikalen Umbau: Sie würden das Ehegattensplitting zwar mit Rücksicht auf die Verfassung nicht völlig abschaffen, aber auf die Übertragung des Grundfreibetrages beschränken. Danach könnte in einer Alleinverdiener-Ehe derjenige, der nicht arbeitet, sein steuerliches Existenzminimum von derzeit 8004 Euro pro Jahr auf den anderen übertragen. Damit würde der Steuervorteil bei Besserverdienenden weit niedriger ausfallen: Statt heute bis zu gut 15.000 Euro wären es „nur“ knapp 4.000 Euro. Für langjährige Ehen wollen die Grünen eine Übergangslösung. Generell werfen Andreae und Deligöz der Union Konzeptionslosigkeit vor: Einerseits fördere sie massiv die Allein- und Hauptverdiener-Ehe und stelle so hohe Hürden für die Rückkehr von Frauen in den Job auf, andererseits zwinge das neue Unterhaltsrecht Frauen zur eigenen Absicherung.