ThyssenKrupp verlangt sieben Milliarden Euro für Stahlwerke in Amerika

ThyssenKrupp will am Stahl-Geschäft in Europa festhalten. „Wir haben Probleme in Amerika, aber nicht in Europa. Dort machen wir immer noch Gewinn mit diesem Geschäft, bloß im Moment etwas weniger als sonst“, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger der „Welt am Sonntag“.

Zwar würden derzeit viele behaupten, dass ThyssenKrupp gar keinen Stahl mehr machen will. „Das stimmt aber nicht“, sagte Hiesinger in dem Interview, das drei zwölfjährige Schüler am Rande der Technikschau „Ideenpark“ in Essen geführt und zwei Reporter der „Welt am Sonntag“ moderiert haben. Die Stahlsparte in Amerika mit zwei Werken in Brasilien und den USA dagegen soll möglichst schnell abgegeben werden. „Es gibt schon Interessenten, die bei uns nachgefragt haben. Jetzt müssen wir abwarten, ob die uns auch gute Angebote machen“, sagte Hiesinger. Für gut würde der Vorstandschef Angebote ab einer Größenordnung von sieben Milliarden Euro halten: „Wir wollen mindestens den Wert haben, den wir heute noch in den Büchern haben. Das sind ungefähr sieben Milliarden Euro.“ Die beiden Werke in Amerika bescheren ThyssenKrupp seit Jahren Milliardenverluste. Hiesinger räumte Fehler beim Bau ein. „Damals ist manches schiefgelaufen. Wir hatten noch eine andere Organisation und ein anderes Miteinander. Heute wäre so etwas nicht mehr möglich bei ThyssenKrupp.“ Einen Schuldigen will er allerdings nicht benennen. „Wenn man Dinge falsch einschätzt, dann hat eigentlich keiner Schuld. Hier hat ja niemand gelogen, sondern es wurden einfach nur falsche Annahmen über Dinge in der Zukunft getroffen. Wir haben einfach nur riesiges Pech gehabt.“ Mit den Einnahmen soll bei ThyssenKrupp der Umbau vom Stahlhersteller zum diversifizierten Industriekonzern vorangetrieben werden. Dazu sind hohe Investitionen in andere Geschäftsfelder wie dem Aufzugbau oder das Anlagengeschäft geplant. „In den nächsten zehn Jahren sollen das einige Milliarden Euro sein“, sagte Hiesinger. Darüber hinaus sollen mit dem Geld Schulden getilgt werden. ThyssenKrupp drücken derzeit Verbindlichkeiten in Höhe von 5,8 Milliarden Euro. „Das ist schlimm, aber nicht bedrohlich. Wir haben genug Geld für die nächsten zwei Jahre.“ Verärgert ist Hiesinger über Berichte in den Medien, wonach ThyssenKrupp von der EEG-Umlage befreit ist. „Das ist eine falsche Behauptung.“ Sein Unternehmen werde entlastet – aber nicht befreit. „Wir zahlen immer noch 80 Millionen Euro pro Jahr. Auch das ist noch richtig viel.“ Eigentlich müsste ThyssenKrupp 260 Millionen Euro bezahlen. Die Minderung hält er für gerechtfertigt: „Weil Konkurrenten in anderen Ländern so eine Abgabe nicht bezahlen müssen, sind wir stark benachteiligt.“