Ein Thüringer Polizist wird verdächtigt, Ende der 1990er-Jahre Dienstgeheimnisse an einen Rechtsextremisten aus dem Umfeld der Neonazi-Zelle NSU verraten zu haben. „Entsprechende Unterlagen liegen uns seit wenigen Tagen vor“, sagte Martina Renner, die Innenexpertin der Linksfraktion im Thüringer Landtag, dem Internetportal der Tageszeitung „Die Welt“. Die stellvertretende Fraktionschefin Renner, die dem Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss angehört, verlangt eine lückenlose Aufklärung.
Nach ihrer Darstellung ergibt sich aus den Akten, dass der Polizist Sven T. engen Kontakt zur rechtsextremen Kameradschaft Thüringer Heimatschutz (THS) unterhalten haben oder zumindest Sympathisant der Neonaziszene gewesen sein soll. Zudem soll er den Rechtsextremisten Enrico K. vor polizeilichen Maßnahmen gewarnt haben. K. gehörte ebenso wie die NSU-Mitglieder Uwe B., Uwe M. und Beate Z. dem THS an. Schwer belastet wurde der Polizist Sven T. im Jahr 1999 durch gleich zwei Quellen. Jeweils ein V-Mann des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) hatten T. unabhängig voneinander als „national eingestellten Polizisten“ eingestuft und über seine engen Kontakte in das Milieu berichtet, erklärt Renner. Beide Bundesbehörden waren alarmiert und reichten die Informationen an das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz weiter. Laut Renner blieb dies nach Aktenlage allerdings ohne Konsequenzen. Im Gegenteil: Der Beamte T. machte Karriere. So stieg er zunächst zum Mitarbeiter des Landeskriminalamtes auf und wurde dort mit der Verfolgung von Drogendelikten betraut. Im Jahr 2010 wurde T. dann zum Thüringer Verfassungsschutz abgeordnet und ein Jahr darauf fest eingestellt. „T. hat sogar V-Leute geführt“, sagte Renner. Die vorgelegten Organigramme seien jedoch so weitgehend geschwärzt, dass nicht erkennbar sei, in welchem Bereich diese V-Leute eingesetzt gewesen seien. Im Dezember 2011, kurz nach dem Selbstmord der mutmaßlichen NSU-Terroristen B. und M., wurde Sven T. den Akten zufolge aus dem Verfassungsschutz abgezogen. Renner fordert nun, dass die Landesregierung von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) Auskunft darüber gibt, wie damals mit den Hinweisen der V-Leute umgegangen worden ist. „Wir haben dazu im Untersuchungsausschuss einen Beweisantrag gestellt“, so Renner.