Mit harscher Kritik hat der Bund der Steuerzahler auf die Forderung von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach einer gemeinschaftlichen Haftung in Europa reagiert: Die Vergemeinschaftung der Alt-Schulden sei nur ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. „Zwar würde man kurzfristig den Zinsdruck von den Krisenstaaten nehmen, aber mit der Konsequenz einer weiteren maßlosen Verschuldung“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel der Online-Ausgabe des „Handelsblatts“. Auch Deutschland würde so seine gute Bonität aufs Spiel setzen.
„Die Folge einer solchen Politik wäre das Zerbrechen Europas aufgrund einer überdimensionierten Staatsverschuldung“, warnte Holznagel. Gabriel spreche zwar von schärferen Haushaltsregeln, fügte der Steuerzahlerbund-Chef hinzu. Aber die Vergangenheit habe gezeigt, dass die Staaten nicht gewillt seien, die Haushaltsvorgaben und Schuldenobergrenzen im Zweifel einzuhalten. „Insofern hören sich Rufe nach strenger Haushaltskontrolle sehr gut an, aber Herr Gabriel selbst stellt beispielsweise immer wieder den Fiskalpakt in Frage“, sagte Holznagel. „Allein deshalb sehe ich die Versprechungen nach einer strengeren Haushaltskontrolle sehr skeptisch.“ Die europäische Krisenpolitik sei nicht nur gescheitert, wie Gabriel sage, sie habe nie richtig funktioniert, sagte Holznagel weiter. So hätten sich einige europäische Staaten in der Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Maastrichter Verträge maßlos verschuldet. Dabei seien die Märkte „willige Gehilfen“ gewesen, ohne dass die Risiken eingepreist worden seien. „Die aktuellen Lasten tragen nun die Steuerzahler und eine grundlegende Krisenlösung wurde nicht herbeigeführt.“ Recht habe Gabriel damit, die Bürger in die Rettungspolitik einzubeziehen. „Schon jetzt hat Deutschland riesige Haftungssummen übernommen, die unter Umständen noch von zukünftigen Generationen erfüllt werden müssen“, sagte Holznagel. „Deshalb wäre es gut, wenn grundlegende Entscheidungen auf eine breite Zustimmungs- oder Ablehnungsbasis gestellt werden.“ Holznagel sagte aber auch, dass bei den Vorschlägen von Gabriel nicht vergessen werden dürfe, dass unter seiner Führung die SPD unlängst dem Euro-Dauerrettungsschirm ESM zugestimmt habe. „Hier hätte er Kante zeigen können und neue Vorschläge einbringen müssen. Das hat er aber nicht gemacht, insofern steht wohl seine Öffentlichkeits- und Medienarbeit im Vordergrund.“