Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jerzy Montag, sieht keine Möglichkeit, die Zulassung einer elterlichen Einwilligung in die Vorhaut-Beschneidung bei Jungen auf religiöse Motive zu beschränken. „Man kann nicht die Einwilligung aus religiösen Gründen zulassen und sie verbieten, wenn sie aus nicht-religiösen Motiven erfolgt“, sagte Montag der Tageszeitung „Die Welt“(Freitagausgabe, 27. Juli). „Welche Gründe die Eltern für die Einwilligung haben – ob religiöse oder vielleicht hygienische -, muss offen bleiben“, fügte Montag hinzu.
Er schlägt vor, die vom Bundestag geforderte Zulassung der Beschneidung im Sorgerecht festzuschreiben: „Ganz allgemein sollte man im Sorgerecht sinngemäß klarstellen, dass Eltern bei minderjährigen Jungen in die Vorhautbeschneidung einwilligen können.“ Dabei müssten aber vier Bedingungen erfüllt sein: „Erstens medizinisch fachgerechte Durchführung, zweitens so weit möglich Schmerzfreiheit und drittens Beachtung dessen, was Juristen als `natürliches Veto` bezeichnen.“ Dies bedeute, dass die Beschneidung gegebenenfalls zu unterlassen sei, „wenn ein Junge im Alter von drei oder vier Jahren die Beschneidung nicht will. Wenn er sich sperrt, dürfen ihn die Eltern nicht zwingen“, sagte Montag. „Und viertens müssen sich die Eltern einig sein.“ Generell allerdings bezweifelt Montag, dass nach dem Urteil des Kölner Landgerichts zur Rechtswidrigkeit der Beschneidungen zwingender Gesetzesbedarf bestehe: „Die Rechtslage ist nach meiner Überzeugung objektiv nicht ungeklärt“, sagte Montag der „Welt“. „60 Jahre lang wurde in der Bundesrepublik die Vorhautbeschneidung bei Jungen in Hunderttausenden von Fällen durchgeführt, und kein Staatsanwalt oder Richter hat etwas dagegen unternommen. Es bestand Rechtsfrieden.“ Die Beschneidung sei sogar gerichtlich akzeptiert worden, sagte Montag: „2001 entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, dass eine muslimische Familie auf dem Weg der Sozialhilfe Geld für die Durchführung der Beschneidung und für das Familienfest bekommt.“ Daher gebe es jetzt keinen Grund, „aus der einen rechtsfehlerhaften und keineswegs bindenden Entscheidung eines einzelnen Richters am Landgericht Köln in einem verzwickten Einzelfall abzuleiten, es bestehe Rechtsunsicherheit.“ Bloß „subjektiv“, so Montag weiter, gebe es wegen der erregten Beschneidungsdebatte nach dem Kölner Urteil „eine zum Teil befeuerte Beunruhigung, die eine Klarstellung wohl erforderlich macht“.