Bauchspeicheldrüsenkrebs was macht ihn so gefährlich?

Lahr, 19.Juli 2012. So selten Bauchspeicheldrüsenkrebs vorkommt, so tückisch ist er. Neben dem am Montag, 16. Juli verstorbenen Deep Purple-Keyboarder Jon Lord gehören IT-Visionär Steve Jobs und Schauspieler Patrick Swayze zu seinen prominentesten Opfern. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 12.000 Männer und Frauen am Pankreaskarzinom meist ältere Menschen ab 60 Jahren. Oft ist der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose schon in einem kritischen, kaum mehr heilbaren Stadium.

(ddp direct) Frühe Diagnose entscheidend
Bauchspeicheldrüsenkrebs wäre öfter heilbar, würde er in einem früheren Stadium diagnostiziert so Dr. Werner Lindemann, Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Ortenau Klinikum Lahr-Ettenheim und Leiter des Pankreaskarzinomzentrums Lahr. Denn das Pankreaskarzinom neigt zur Metastasenbildung. In einem fortgeschrittenen Stadium findet man in Leber, Lunge und den Knochen oft Tochtergeschwülste. Einem Verdachtsfall kann mit modernen medizinischen Untersuchungsverfahren nachgegangen werden: Mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, Computer- und Kernspintomografie sowie Endoskopie, also der Spiegelung von Magen, Zwölffingerdarm, Bauchspeicheldrüsen- und Gallengang. So erkennt der Arzt im Fall eines Tumors dessen Sitz und mögliche Metastasen im Bauchraum.

Das richtige Verfahren
Abhängig vom Stadium des Tumors und dem gesundheitlichen Zustand des Patienten entscheiden in speziellen und zertifizierten Pankreaskarzinomzentren Fachärzte über die geeignete Behandlung. Dabei spielen die genaue Lage des Tumors, der Gesundheitszustand des Patienten und eventuelle Metastasen eine Rolle, erklärt Dr. Lindemann.
Ist der Krebs auf die Bauchspeicheldrüse beschränkt, entfernt der Chirurg das Organ (ganz oder teilweise) operativ. Zum Einsatz kommen dabei schonende, endoskopische Behandlungsverfahren, etwa die endoskopische Abtragung von (noch) gutartigen Polypen. Ist der Tumor weiter fortgeschritten, müssen gegebenenfalls auch Teile des Magens, Dünndarms und Gallensystems entfernt werden (sogenannte Whipplesche Operation). Meist folgt im Anschluss an die OP eine Chemotherapie, um die Neubildung von Tumorzellen zu verhindern. Hat der Tumor bereits weiteres Gewebe befallen oder sogar Metastasen in Organen wie Lunge, Milz und Leber gebildet, kann meist nur eine Chemotherapie dessen weiteres Wachstum stoppen. Die dabei verabreichten Medikamente blockieren die Vermehrung der Tumorzellen und führen im günstigsten Fall zu einer Verkleinerung des Tumors.

Pankreaskarzinomzentrum
In Deutschland gibt es nur ein Dutzend Pankreaskarzinomzentren, die die hohen Anforderungen der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zur Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs erfüllen. Eines dieser Zentren ist das Pankreaskarzinomzentrum am Ortenau Klinikum Lahr-Ettenheim, nach Stuttgart die zweite derartige Einrichtung in Baden-Württemberg, die sich Pankreaskarzinomzentrum mit Empfehlung der Deutschen Krebsgesellschaft nennen darf. Diese Zertifizierung garantiert ein Höchstmaß an medizinischen Standards und eine Behandlung auf internationalem Niveau, so Dr. Lindemann. Umfassende Erfahrungen und eine hohe Anzahl von behandelten Patienten müssen für die Zertifizierung nachgewiesen werden. Ebenso wichtig: Die fachliche Qualifikation der behandelnden Ärzte, die apparative Ausstattung und natürlich die Ergebnis-Qualität der medizinischen Versorgung, die beispielsweise anhand von Komplikationsraten und Langzeitüberlebensraten geprüft wird.

Fragen an Dr. Werner Lindemann, Leiter des Pankreaskarzinomzentrums Lahr

Herr Dr. Lindemann, Bauchspeicheldrüsenkrebs gilt als besonders gefährlich. Warum?
Dr. Lindemann: Vereinfacht gesagt machen Tumore, die im Bauchraum Platz zum Wachsen haben, erst spät auf sich aufmerksam. Die Mehrheit der Betroffenen verliert Gewicht und klagt über Bauch- oder Rückenschmerzen, viele haben weniger Appetit, manche leiden an scheinbar unerklärlicher Übelkeit. Das sind alles unspezifische Symptome, wie sie auch bei einer Magen-Darm-Erkrankung auftreten. Wenn der Tumor im vorderen Teil der Bauchspeicheldrüse sitzt und den Gallengang blockiert, kann es zu Gelbsucht kommen. Ein Pankreaskarzinom tendiert zudem dazu, Metastasen zu bilden, die auf andere Organe übergreifen. Je früher der Krebs folglich entdeckt wird, desto erfolgreicher können wir ihn deshalb behandeln, im Idealfall durch eine Operation.“

Was sind Ursachen für die Erkrankung?
Dr. Lindemann: Direkte Ursachen sind bis heute leider nicht bekannt. Fest steht aber, dass Alkohol und Nikotin das Risiko einer solchen Krebserkrankung erhöhen. Wachsam sollte man auch sein, wenn Bauchspeicheldrüsenkrebs schon im engen Familienkreis vorkam, da fünf bis zehn Prozent der Fälle erblich bedingt sind. Auch bei Patienten mit Diabetes oder chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung tritt der Krebs häufiger auf als bei Gesunden.“

Gibt es Vorsorgeuntersuchungen für Risikogruppen?
Dr. Lindemann: Spezifische Vorsorgeuntersuchungen gibt es leider nicht. Bei den genannten Symptomen sollte man deshalb den Arzt gezielt um eine Untersuchung im Hinblick auf diese Erkrankung bitten. Diese Untersuchung geschieht mittels modernster medizinischer Verfahren: Per Bluttest kann auf Tumormarker untersucht werden, die in erhöhter Konzentration verdächtig sind. Per Ultraschall kann man innere Organe einfach und ohne Nebenwirkungen untersuchen. Bei der Endoskopie spiegelt man mit einem flexiblen Sichtrohr Magen, Zwölffingerdarm, Bauchspeicheldrüsen- und Gallengang. Die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie fertigen Schnittbilder an, die den Körper und die Bauchspeicheldrüse Schicht für Schicht darstellen. Diese Verfahren geben auch Aufschluss über das Stadium einer eventuellen Erkrankung.“

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Das Ortenau Klinikum (www.Ortenau-Klinikum.de) ist ein Baden-Württembergischer Klinikverbund mit zahlreichen medizinischen Zentren und Schwerpunkten an neun Klinikstandorten und insgesamt 1.800 Planbetten. Mit rund 5.000 Mitarbeitern zählt das Ortenau Klinikum deutschlandweit zu den 100 größten Arbeitgebern in der Gesundheitsbranche. Träger ist der Ortenaukreis. Jährlich werden hier 75.000 Patienten stationär behandelt. Und jährlich erblicken 3.500 Babys in den Ortenauer Kreißsälen das Licht der Welt.

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