Das spanische Küstengesetz wird erneut reformiert – Auswirkungen auf Immobilieneigentümer

Das Küstengesetz in Spanien aus dem Jahr 1988, das aufgrund seiner späten strikten Anwendung und teilweise undurchsichtigen Regelungen stets in der Kritik stand, soll nach den Plänen des zuständigen Agrar-, Ernährungs- und Umweltministeriums nun erneut reformiert werden, was insbesondere die in Spanien nichtansässigen Grundeigentümer der betroffenen Küstenregionen aufhorchen lässt.

Am vergangenen Freitag, den 13. Juli 2012, stimmte der spanische Ministerrat dem Reformentwurf für das neue Küstengesetz zu („Anteproyecto de la Ley de la protección y uso sostenible del litoral y de modificación de la Ley, de 22/1988 de 28 julio, de Costas“). Über den Entwurf wird nunmehr auf Ministerial-Ebene weiter beraten. Im Anschluss wird es dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zugeführt.

Ausgangpunkt war das spanische Küstengesetz aus dem Jahre 1969, das der negativen Bauentwicklung und schweren Umwelteingriffen nicht entgegenwirken konnte. Am 27. Juli 1988 wurde ein neues Küstengesetz mit weitreichenderen Schutzvorschriften erlassen. Kern des Küstengesetzes von 1988 war die Einteilung des Küstengebietes in verschiedene Schutzzonen: Das Meeresufer („zona de dominio público marítimo terrestre“), die Schutzzone („zona de servidumbre de protección“) sowie die Einflusszone („zona de influencia“). Infolgedessen war die Frage der Bebaubarkeit und Nutzbarkeit gegebenenfalls bereits vorhandener Bebauung einzelfallabhängig und musste in einem aufwendigen Abgrenzungsverfahren, sprich einer Vermessung der gesamten spanischen Küste geklärt werden, was sich über viele Jahre hinzog. Folge der dann plötzlichen strikten Anwendung des Küstengesetzes von 1988, rund 2 Jahrzehnte nach seinem In-Kraft-Treten (hierzu auch Rechtsanwalt Kirchheim Immobilienbrief Spanien Ausgabe Nr. 53, S.3) in, war ein Sturm der Entrüstung, insbesondere auch der nichtresidenten Immobilieneigentümer & Investoren, sodass die Regierung in den letzten Jahren stufenweise durch Sonderreglungen gewisse Abmilderungen schaffte. Der aktuelle Reformentwurf setzt diesen Trend zum Ärger von Umweltvertretern und zur Freude der Betroffenen Eigentümer fort.

Der Reformentwurf trägt den ehrgeizigen Titel „Gesetz über den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Küstenzone und Änderung des Küstengesetzes 22/1988 vom 28. Juli“ und soll den Schutz der Küste verstärken sowie für eine nachhaltige Nutzung
sorgen, aber zugleich touristischen Aktivitäten und wirtschaftlichen Interessen Spaniens gerecht werden. Die wichtigsten Eckpunkte des Reformentwurfs lauten:

– Der zentralen Verwaltung in Madrid soll es nun überraschenderweise möglich sein, lokale Bebauungspläne oder auch Genehmigungen auszusetzen, die den Schutz der Meeresuferzone beeinträchtigen könnten.

– Die bisher bis 30 Jahre gültigen und nach Ablauf auf 60 Jahre verlängerbaren Konzessionen, die eine Nutzung öffentlichen Eigentums für nachweislich vor dem In-Kraft-Treten des Küstengesetzes 1988 legal errichtete Bebauungen erlauben, sollen per Antrag auf 75 Jahre verlängerbar sein; dies allerdings im Gegenzug für eine jährliche Gebühr. Weiterhin dürfen die Betroffenen ihre Häuser frei verkaufen oder gewisse Renovierungen vornehmen. Diese Rechte können zudem vererbt werden.

– Industrieanlagen (Bergbau, Energie, Chemie, Petrochemie, Textil und Papier), die auf öffentlichem Eigentum angesiedelt sind, müssen zwecks Konzessionsverlängerung die umweltrechtlichen Anforderungen erfüllen, wie z.B. ein gesondertes Umweltgutachten überstehen.

– Die Reform schließt 10 Sondergebiete aus, die folglich nicht mehr unter die Definition der Meeresuferzone fallen würden: Rocafel (Alicante), der Hafen von Santa Pola (Alicante), die schiffbaren Siedlung Empuriabrava (Girona), Platja d´Aro (Girona), die Flussmündung Punta Umbría (Huelva), Casco Urbano (Isla Cristina) und Caño del Cepo (Huelva), Pedregalejo und El Palo (Málaga) sowie Oliva (Valencia). Formentera erhält wegen seiner besonderen geologischen Beschaffenheit eine Sonderbehandlung. Laut dem Entwurf sollen zudem „künstliche oder tote Dünen“ nicht mehr zur Meeresuferzone gerechnet werden. Außerdem soll die Definition der Meeresuferzone an einheitlichen Maßstäben überprüfbar sein und Salinen sowie landwirtschaftliche Anlagen nicht mehr zu dieser Zone gerechnet werden.

– Im Bereich der Schutzzone soll bei Flussmündungen im Einzelfall eine Reduzierung der Schutzzone von 100 auf 20 Metern möglich sein, um den besonderen Umweltgegebenheiten Rechnung zu tragen. Die beliebten Strandbars („chiringuitos“) und anderen nicht fest verbauten Strandinstallationen müssen anstatt wie bisher nach 1 Jahr die Genehmigung für die Strandnutzung erst nach 4 Jahren erneuern. Auch sollen höhere Anforderungen an den Schutz von natürlichen Stränden („playas naturales“) als an städtische Strände („playas urbanas“) gestellt werden.

– Die Verwaltung soll verpflichtet werden, mit Hilfe eines Grundbuchvermerks die jetzige oder künftige Zugehörigkeit eines Grundstückes zum öffentlichen Eigentum ins spanische Grundbuch („Registro de la Propiedad“) eintragen zu lassen.

Vorerst bleibt abzuwarten, wie letzten Endes das definitive Reformgesetz ausfällt. Fraglich ist auch, ob das Ziel der Reform, die Küstenregionen durch mehr Rechtssicherheit für ausländische Investoren in Spanien attraktiver zu machen, erfüllt wird. Der sich fortsetzende Trend eines zunehmenden „Ausverkaufs“ der bereits verbauten Küstengebiete Spaniens scheint sich aber unaufhaltsam fortzusetzen.

Barcelona, den 17. Juli 2012

Weitere Informationen:
Nils Döhler RA & Abogado – LL.M. (ndoehler@mmmm.es)
Lara Campanario Ciaurri – Abogada (lcampanario@mmmm.es)

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