Carl Spitzweg – pointierte Bilder und romantische Gemälde

Carl Spitzweg, der von 1808 bis 1885 lebte, ist heute vor allem bekannt wegen seiner pointierten Bilder, die sich mit der Lebensform seiner Zeitgenossen im Biedermeier beschäftigen. Sie nehmen deren Schwächen und die leicht verschrobenen Eigenheiten aufs Korn, ohne dabei jedoch bösartig oder verletzend zu werden. Das kleinbürgerliche Milieu ist sehr treffend dargestellt. Für die Bilder im Freien kopierte Spitzweg vielfach die Kleinstadtidylle des bayerischen Städtchens Straubing, in dem er viele Jahre seines Lebens verbrachte. Die dortigen Gässchen und das insgesamt verwinkelte Bild faszinierten ihn lange Zeit.

Im fortgeschrittenen Alter wandte er sich eher romantischen Darstellungen zu: Gemeinsam mit dem Landschaftsmaler Eduard Schleich reiste er viel und ließ sich von ihm zu Bildern der Umgebung inspirieren. Seine eigenwillige und gekonnte Darstellungsweise kommt indessen auch bei diesen Gemälden deutlich zum Ausdruck. Obwohl Carl Spitzweg niemals eine Kunstakademie besucht, sondern sich alle erforderlichen Maltechniken selbst beigebracht hat, stehen seine Bilder auf einem künstlerisch sehr hohen Rang. Auf Wunsch seines Vaters wurde er Apotheker und arbeitete auch einige Jahre in diesem Beruf. Schon damals interessierten ihn die Menschen seiner Umgebung – Skizzen der tatsächlichen und eingebildeten Kranken sind das beeindruckende Ergebnis.

In dieser Zeit, die ihn naturgemäß mit vielen chemischen Produkten in Verbindung brachte, entwickelte er verschiedene Farben. Davon ist insbesondere das helle Blau charakteristisch, das in dieser Leuchtkraft seine Zeitgenossen nicht darstellen konnten. Zudem war Spitzweg in der Lage, die Farben praktisch zu konservieren, was den heutigen Kunstliebhabern seiner Bilder zugutekommt. Spitzwegs Ölgemälde waren zumindest in der ersten Zeit seiner Tätigkeit der Spätromantik verhaftet: Exakte und detailgetreue Wiedergabe der Umgebung, wobei die Themen der Romantik bestehen blieben. Das sind insbesondere Stillleben, Tierdarstellungen, Porträts und Landschaften als die wichtigsten Elemente dieser Zeit. Während dieser Epoche mussten sich die Maler von der gerade aufgekommenen Fotografie abheben, die letztlich die bis dahin als einzig bekannte Darstellungsform nicht unbedingt ablöste, aber vielfach ihre Bedeutung hinterfragte.

Zumindest Spitzweg schaffte es meisterlich, seine Kunst einem breiten Publikum schmackhaft zu machen. Dabei kamen ihm die Wünsche des Bürgertums zugute, das inzwischen zu wirtschaftlichem wie auch gesellschaftlichem Ansehen gekommen war und sich nun sogar echte Malereien leisten konnte. Dies war zuvor ausschließlich dem Adel vorbehalten gewesen. Dieser Käuferkreis legte größten Wert auf traditionelle Themen und Darstellungen nahe am Realismus.

Im Verlauf von Spitzwegs Leben kam indessen auch die impressionistische Kunstrichtung auf. Die Künstler wandten sich von der naturgetreuen Darstellung ab und brachten eher ihre Gefühle und Eindrücke auf die Leinwand. Dies geschah mit breiten Pinselstrichen, leuchtenden (oder auch tristen) Farben, wobei die Thematik zwar durchaus erkennbar war, aber aus der eigenen und ganz subjektiven Sichtweise des Künstlers dargestellt wurde. Diese Kunstrichtung war Spitzweg allerdings fremd, wenn er auch seine bis dahin feingliedrige Maltechnik später zugunsten einer flächigeren aufgab. Dennoch sind seine Bilder weit vom eigentlichen Impressionismus entfernt.

Der arme Poet
aus dem Jahr 1839 ist ohne Zweifel das bekannteste Bild von Carl Spitzweg. Der Dichter ist in einer sehr ärmlichen Mansarde dargestellt, deren Dach sogar undicht ist. Er kann sich offenbar auch kein Bett leisten, denn er liegt nur auf einer Matratze. In den ersten Jahren stieß das Bild auf Ablehnung – offenbar wirkte der Umgang mit dieser Thematik auf Spitzwegs Zeitgenossen als zu überzogen. Und er selbst hat – obwohl auch Künstler – nie die Armut kennengelernt. Im Gegenteil: Aus seinem umfangreichen Werk konnte er über 400 Bilder verkaufen, was ihm einen ansehnlichen Wohlstand ermöglichte.

Etwas später, nämlich 1850, entstand Spitzwegs Bild Der Porträtmaler. Auch dort ist das Atelier nicht allzu komfortabel, aber immerhin groß und einigermaßen hell. Der abgebildete Maler betrachtet voller Stolz sein Werk, während ein Helfer devot danebensteht. Vermutlich hat Spitzweg hier nicht seine eigene Situation dargestellt. Aber das Gemälde ist ein wieder sehr pointierter Ausdruck seiner scharfen Beobachtungsgabe wie auch der kritischen Sicht der Dinge. Aus Sicht der Maltechnik gesehen zeigt Der Porträtmaler bereits eine viel flächigere Darstellung. Die Gesichter sind zwar zu erkennen, allerdings lassen sich keine charakteristischen Züge mehr ausmachen.