Wie der birmanische Comedian Zarganar und sein deutscher Kollege Michael Mittermeier für ein freies Myanmar kämpfen.
„Sie haben dich zu 59 Jahren verurteilt, denn du bist ein schlechter Mensch“, sagt Michael Mittermeier zu dem kleinen Birmanen, der neben ihm auf der Bühne steht. „Aber dann haben sie die Strafe auf 35 Jahre reduziert, denn auch Generäle haben ein Herz.“ Beide Männer lachen.
Dass der deutsche Komiker Mittermeier und sein Kollege Zarganar am Dienstag im Berliner Chamäleon-Theater ihren ersten gemeinsamen Auftritt absolvieren konnten, ist ein kleines Wunder. Es spiegelt den erstaunlichen Wandel wider, den Zarganars Heimat Myanmar, das frühere Birma, derzeit durchläuft. Zudem ist der Auftritt der bisherige Höhepunkt einer unwahrscheinlichen Freundschaft zwischen zwei Comedians aus Deutschland und Myanmar – den „beiden humoristischen Hotspots der Welt“, wie Mittermeier feststellt.
Zarganar aus Myanmar und sein deutscher Kollege Michael Mittermeier in Berlin
Der Künstlername Zarganar bedeutet Pinzette. Mit der Präzision eines Chirurgenbestecks griff der Komiker die Missstände der Militärdiktatur auf, die Myanmar noch bis 2011 war. „Treffen sich ein Amerikaner, ein Brite und ein Birmane. Sagt der Amerikaner: Ich habe keine Beine und kann doch den Mount Everest besteigen. Sagt der Brite: Ich habe keine Hände und kann doch den Atlantik durchschwimmen. Sagt der Birmane: Ich habe kein Hirn und kann doch 20 Jahre lang ein Land regieren.“
Es sind solch respektlose Witze sowie sein geschicktes Spiel mit den Doppeldeutigkeiten der birmanischen Sprache, die Zarganar die Liebe seiner Landsleute eingebracht haben: Nur die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist in Myanmar ein größerer Star als er. Eingebracht haben sie ihm aber auch den Hass der Generäle, die ihn viermal in den Knast steckten. Elf Jahre saß er ab.
Kurz nach Zarganars letzter Verurteilung 2008 rief die Stiftung „Cinema for Peace“ Comedians dazu auf, ein Projekt des britischen Filmemachers Rex Bloomstein zu unterstützen: eine Dokumentation über den berühmten Humoristen und Dissidenten. Mittermeier, der sich seit einer Reise in das Land 2004 für ein freies Myanmar engagiert, sagte zu. Gemeinsam reisten er und Bloomstein ins Land, filmten undercover, spürten der Lebenswelt und den Motiven des Künstlers nach.
Das Ergebnis, „This Prison Where I Live“, hat Zarganar im Gefängnis gesehen: Einen Fernseher durfte er besitzen, die DVD schmuggelten bestochene Wächter hinein. „Ich war sehr stolz“, sagt er. „Ich habe meinen Freunden sofort aufgetragen, den Film zu kopieren. 400.000 Raubkopien!“ Heute kann man die DVD überall in den Straßen Ranguns kaufen.
Zarganar kam schließlich im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene frei – im Oktober 2011, als die politische Öffnung Myanmars Fahrt aufnahm. Doch viele seiner Leidensgenossen sitzen noch hinter Gittern. Ihre Zahl ist umstritten. Gemeinsam mit Mitstreitern habe er alle 42 Gefängnisse des Landes besucht und eine ultimative Liste aufgestellt, erzählt Zarganar: „Unseren Nachforschungen zufolge sitzen noch genau 345 politische Gefangene ein.“ Er hat die Liste an den myanmarischen Präsidenten Thein Sein gesandt und glaubt an einen Erfolg: „Ich habe gute Nachrichten aus dem Präsidentenbüro erhalten: Du wirst eine freudige Überraschung erleben, wenn du aus Europa zurückkommst.“
Vor zwei Wochen sind sich Mittermeier und Zarganar zum ersten Mal begegnet. „Wir konnten gemeinsam Witze machen“, sagt Mittermeier. „Das ist die schönste Liebesbeziehung.“ In London und Berlin haben sie Szenen für eine zweite Version von „This Prison Where I Live“ gedreht: Der Film bekommt ein Happy End.
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