Der Zukunftsmanager Dr. Pero Micic sieht im Multitasking und Multi-Channeling die entscheidende Kernkompetenz der jungen Generation. Dies wird sowohl die Einstellungen zu Wissen und Bildung als auch die Bildungsstrukturen grundlegend verändern.
Eltville, 22.06.2012 – Ein Vater betritt das Zimmer seiner Tochter. Ihm bietet sich ein Bild des Grauens, jedenfalls in seiner Wahrnehmung. Der Fernseher läuft leise, die Musik läuft laut, die Tochter aber ist an zwei Bildschirmen mit einem Video und mehreren parallelen Chats beschäftigt.
„Was machst Du denn da?“, ruft er in einer Mischung aus Unverständnis und Erschrecken. Seine Tochter dreht sich nicht einmal um, um ihre Ein-Wort-Antwort zu geben: „Hausaufgaben!“
Generation Y arbeitet anders
Es ist unverkennbar, dass die Generation Y – und noch mehr die noch jüngere Generation Z – nicht nur anders lernt und sich anders unterhält als die Älteren, sondern dass sie auch anders arbeitet. „Unternehmen müssen sich darauf einstellen, denn schon bald werden die ‚Gen Y-ler‘ die Mehrheit der Mitarbeiter ausmachen“, sagt Dr. Pero Micic, Vorstand der FutureManagementGroup AG. Sie brauchen Abwechslung und Spannung. Sie genießen noch die Probezeit mit all den neuen Eindrücken. Wer sie dann an einen Routine-Arbeitsplatz setzen will, an dem sie mit über zehn Jahre alter Software vordefinierte Prozesse sauber abwickeln sollen, wird immer häufiger Verweigerung und Frustration ernten. Fakt ist: Die Vertreter der „Generation Y“ sind leistungsstark, aber auch anspruchsvoll und nicht leicht glücklich zu machen. Sie suchen das Erlebnis, sind Experten des Multitaskings und in Bussen und Bahnen kaum ohne iPod anzutreffen.
Multi-Channel Learning
Multitasking ist auch eine Kernkompetenz der Generation Z (geboren nach 1996), und sie hinterfragen und modernisieren unsere Vorstellungen vom Arbeiten und vom Lernen grundlegend – ein Prozess voller Überraschungen, wie die Episode des sich um die Lernerfolge seiner Tochter sorgenden Vaters zeigt. Multitasking ist hier untrennbar verknüpft mit Multi-Channeling, gerade auch, wenn es um das Lernen geht. Wikipedia, Youtube, Chats und Gaming sind für „Z-ler“ normale Aspekte ihres Lern- und Kommunikationsstils, und sie unterwandern so die alten Bildungsstrukturen. Sie führen das im schulischen Lernen ein, was heute im Weiterbildungsbereich und in Unternehmen bereits Einzug hält: E-Learning, Online-Lernplattformen und Video-Unterricht werden das Lernen und die Bildung verändern. „Der Teil des Unterrichts, der Vorlesungen und auch der Seminare, dem die Lernenden nur passiv folgen konnten, wird allmählich ersetzt“, prognostiziert Dr. Micic. Die zukünftige Aufgabe von Lehrern sieht er nicht mehr in der reinen Faktenvermittlung, sondern darin, neue Meta-Kompetenzen zu vermitteln: Die Vielfalt des Wissens auf der Fakten-Ebene ist schon heute nicht mehr zu überblicken. Es wird zunehmend wichtiger, sich in immer neuen komplexen Situationen zurechtfinden zu können, interdisziplinär Zusammenhänge zu verstehen und herzustellen und schließlich das nötige Faktenwissen gezielt aus Datenbanken zu holen.
Digitalisierte Bildung
Der Zukunftsmanager sieht in den modernen Lerngewohnheiten der Generation Z nicht nur eine „Demokratisierung“ von Bildung und Wissen, sondern auch einen Trend, der ambitionierten Lernenden den Zugang zu den besten Lehrern aus aller Welt ermöglicht: „Wer wünscht sich für sein Kind nicht eine Schule, an der die besten deutschsprachigen Lehrer, Erklärer, Motivatoren und Geschichtenerzähler unterrichten? Es gibt diese Schulen, die Horte für die Lehrer-Stars ihres Faches sind. Sie existieren im Internet.“ Ein Beispiel hierfür ist die Plattform Sofatutor, die ein Nachhilfe-Full-Service-Angebot für Schüler und Studierende bietet. Der monatliche Zugang, der zwischen 9,95 und 19,95 Euro kostet und damit teilweise billiger ist als eine einzige reale Nachhilfestunde, umfasst die Nutzung von mehr als 6.000 lehrreichen Online-Videos, Tests zur Überprüfung des vermittelten Wissens und eine Live-Chat-Funktion, in der die Lernenden echten Lehrern Fragen stellen können.
Bildungserneuerung von außen
Sofatutor (sofatutor.de) ist nur eins von unzähligen Beispielen weltweit. So betreibt Salman Khan eine gänzlich kostenlose Lernvideoplattform (khanacademy.org), auf der bereits 136 Mio. Lektionen angesehen wurden. iTunes U von Apple bringt die Online-Kurse unzähliger Hochschulen und Institute überwiegend kostenfrei auf den Bildschirm oder das Tablet. „So kann man die weltweit besten Lehrer erleben, unabhängig von der eigenen Schule, und das fast oder ganz kostenlos“, beschreibt Dr. Micic die Vorzüge der zunehmend digitalisierten Bildung. „Noch ist es das Lernen außerhalb der Schule, in dem sich dieser Wandel vollzieht. Noch bemessen die politischen Entscheider ihre guten Taten in Millionen und Milliarden, die sie in das herkömmliche Schulsystem investieren. In Zukunft wird der digitale Wandel aber auch in den Schulen stattfinden – angetrieben durch die gelebte Arbeits- und Lernwirklichkeit der Generationen Y und Z.“