Grünen-Politiker Werner Schulz fordert Merkel zu Ukraine-Besuch auf

Der Grünen-Europaparlamentarier und frühere DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, zu EM-Spielen in der Ukraine zu fahren und jegliche Boykotte von deutschen Politikern scharf kritisiert. „Hinfahren! Flagge zeigen! Klartext reden! Die Menschenrechtsverletzungen ansprechen! Diktatoren fühlen sich doch umso ungestörter, wenn niemand hingeht, hinschaut und ihnen Paroli bietet“, sagte Schulz im Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ (Montagausgabe). „Meine Aufforderung gilt auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie kann ja die nötige Distanz zeigen und muss sich nicht wie beim Putin-Empfang von Präsident Janukowitsch zur Begrüßung auf die Wange küssen lassen.“

Scharfe Kritik übte Schulz an Innen- und Sportminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der zunächst gesagt hatte, er wolle nicht in die Ukraine reisen. Wenn die deutsche Mannschaft aber weiterkomme, wollte Friedrich das doch tun. „Was ist denn das für ein Signal? Ein Vorrundenboykott, der im Erfolgsfall aufgehoben wird?“, sagte Schulz. Er habe von Anfang an eine konsequente Haltung und eine klare Ansage erwartet: „Ich fahre in die Ukraine, aber ich schaue nicht nur auf den Rasen, sondern auch auf die politischen Verhältnisse im Land. Ein Sportboykott hat noch nie etwas bewirkt und nur den Sportlern geschadet.“ Schulz und seine Parteifreundin Rebecca Harms hatten beim Spiel Deutschland gegen Niederlande im Stadion in Charkow gegen den Umgang der ukrainischen Justiz mit politischen Gefangenen wie Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko protestiert. „In der Halbzeit haben sie uns die Transparente dann bis zum Ende des Spiels abgenommen“, sagte Schulz. „Ministerpräsident Mikola Asarow hat uns am nächsten Tag zu einem Gespräch eingeladen. Das ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang. Die Aktion hat also Wirkung gezeigt.“ Die beiden Grünen-Politiker hatten außerdem die gesundheitlich sehr angeschlagene Timoschenko persönlich gesprochen. Schulz sagte über die Begegnung: „Julia Timoschenko wirkt angegriffen, aber sie ist sehr stark. Da schlägt ein großes Kämpferherz.“ Timoschenko habe gegenüber den ukrainischen Ärzten großes Misstrauen. „Sie nimmt keine Medikamente, lässt sich keine Spritzen geben oder Blut abnehmen, weil sie fürchtet, mutwillig mit einer Krankheit infiziert oder sogar vergiftet zu werden“, sagte Schulz der Zeitung.