Zeitung: Hermes Paketdienst führt Lohnuntergrenze ein

Angesichts von Medienberichten über erschreckende Arbeitsbedingungen bei Paketdiensten hat sich der Hermes Paketservice dazu entschlossen, Mindeststandards bei Löhnen und Arbeitszeit festzulegen. „Wir streben als Standard den Acht-Stunden-Arbeitstag an und wollen einen Stundenlohn zwischen sieben und 8,50 Euro als Untergrenze festlegen“, sagt Hanjo Schneider, der im Vorstand der Hermes-Mutter Otto für die Tochterfirma zuständig ist, der Tageszeitung „Die Welt“ (Montagausgabe). Der auf Privatkunden spezialisierte Versender beschäftigt keine eigenen Paketfahrer, sondern arbeitet mit Subunternehmern zusammen: Rund 14.000 Paketboten sind auf diese Weise für die Firma in Deutschland tätig.

Hermes war wegen deutlich niedrigerer Löhne und längerer Arbeitszeiten in die Kritik geraten. Nach eigenen Befragungen waren 30 Prozent der Hermes-Paketboten vor dieser Tätigkeit arbeitslos. „Das ist ein Niedriglohnbereich, der aber erwerbslosen Menschen eine Chance bietet, wieder im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, sagte Schneider der Zeitung. Vorschreiben kann das Management Löhne oder Arbeitszeiten den Subunternehmern jedoch nicht, denn Hermes ist nicht der Arbeitgeber der Paketfahrer. Zudem arbeiten manche der selbstständigen Firmen wiederum mit Subunternehmern zusammen oder beschäftigen 400-Euro-Arbeitskräfte. Hermes will nun alle Zustellfirmen einer Befragung und anschließender Zertifizierung durch den TÜV Saar unterziehen. Am Ende soll das Zertifikat dafür garantieren, das die genannten Löhne und Arbeitszeiten eingehalten werden. „Sollten wir feststellen, dass eine Firma unsere Standards nicht einhält, werden wir Abhilfe einfordern. Notfalls müssen wir die Zusammenarbeit aber auch kündigen“, stellt Schneider klar. Die Gewerkschaft Ver.di wirft Hermes auch unter den veränderten Bedingungen Lohndumping vor. Ziel von Ver.di ist es, in der Paketbranche den gültigen Tariflohn als Untergrenze durchzusetzen: Der liegt zum Beispiel in Norddeutschland bei knapp elf Euro. Paketdienste wie Hermes, GLS und DPD argumentieren, dass diese Höhe durch den Wettbewerbsdruck in der Branche nicht gezahlt werden könne.