In der SPD wird der Ruf nach einer EU-weiten Besteuerung von Wirtschaft und Vermögen laut. Die baden-württembergischen Minister für Finanzen und Europa, Nils Schmid und Peter Friedrich, fordern ein „europäisches Bündnis zur Stärkung der Staatseinnahmen“, wie die Tageszeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe) berichtet. Damit wollen die beiden SPD-Politiker den Fiskalpakt zur Begrenzung der Staatsverschuldung ergänzen.
„Für eine Einnahmesicherung mit Verfassungsrang als Gegenstück zur Konsolidierung wäre eine Verpflichtung aller europäischen Staaten auf eine gleichartige Besteuerung der Wirtschaft und eine verpflichtende Mindestbesteuerung für Vermögen der richtige Weg“, schreiben die beiden Minister in einem Konzept, das der Zeitung vorliegt. Das dreiseitige Papier soll am Montag im SPD-Parteivorstand beraten werden. Außerdem verlangen Finanzminister Schmid und Europaminister Friedrich eine „Mindestbesteuerung von Vermögen in allen EU-Ländern“. In ihrem Konzept heißt es: „Die Schulden der einen sind die Vermögen der anderen. Was bei den Staaten als Verpflichtung auf den Büchern steht, findet sich bei den Anlegern als Anlagevermögen in Form von Staatsanleihen auf der Habenseite. Wer also ernsthaft Staatsschulden reduzieren will, wird um einen durch die EU-Staaten organisierten Ausgleich zwischen öffentlichen Schulden und privaten Vermögen nicht herum kommen. Drastischer ausgedrückt: Weniger Staatsschulden heißt auch weniger von dieser Art von Privatvermögen.“ Wie jeder Tisch brauche die europäische Fiskalunion „mindestens vier Beine, um stabil stehen zu können“, schreiben Schmid und Friedrich. Neben dem Fiskalpakt und der gemeinsamen Eurostabilisierung sei neben dem dritten Bein einer „einheitlichen Mindestbesteuerung von Wirtschaft und Vermögen in der EU“ außerdem eine „einheitliche europäische Bankenregulierung“ erforderlich. Diese sei „das vierte Standbein, dessen Umsetzung schon viel zu lange auf sich warten lässt“. Alle vier Säulen benötigten „die gleiche rechtliche Verbindlichkeit. Alle Säulen müssen auch mit der gleichen Möglichkeit der Sanktionierung bei Nichteinhaltung versehen werden“. Eine europäische Wirtschafts- und Finanzverfassung, die nur Konsolidierung und Eurostabilisierung kenne, „aber keine gemeinsame Finanzmarktregulierung und Steuerharmonisierung, wird Europa weder Perspektive noch Wohlstand bringen“, sagte Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich (SPD) der „Welt“.