In der schwarz-gelben Koalition gibt es erste Zweifel, ob der Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Vorsitzende des im Bundestag zuständigen Familienausschusses, Sibylle Laurischk (FDP), sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe), sie „bezweifle die Verfassungsmäßigkeit des Betreuungsgeldes“. Ihrer Ansicht nach falle es „in die Zuständigkeit der Länder“.
Diese Frage müsse deshalb „bei der Anhörung über den Gesetzentwurf im Bundestag überprüft werden“. In jedem Fall sei es aber besser, auf das Betreuungsgeld ganz zu verzichten, sagte die FDP-Abgeordnete. Die dafür vorgesehenen Milliarden „sollten besser in die Qualifizierung der Erzieher, in die Verkleinerung der Gruppengrößen in den Krippen sowie in die Sprachförderung für die Kinder investiert werden“. Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezweifelt die Rechtmäßigkeit des Gesetzgebungsverfahrens. Nach Informationen der Zeitung erwägt das Land ein abstraktes Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht. Einig sind sich die Bundesregierung und ihre Kritiker darin, dass das Betreuungsgeld unter die konkurrierende Gesetzgebung fällt. Grundsätzlich darf der Bund hier tätig werden. Allerdings sieht das Grundgesetz in Artikel 72 Absatz 2 Ausnahmen von dieser Regel vor. In zehn Politikbereichen darf der Bund nur dann Gesetze erlassen, wenn „die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet … eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“. Zu diesen Ausnahmen gehört auch die „öffentliche Fürsorge“, unter die das Betreuungsgeld fällt. Laurischk und der Hamburger Senat bezweifeln nun, dass das Betreuungsgeld für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich ist. Die SPD will außerdem prüfen, ob das Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. Die Bundesregierung wies die Bedenken als unbegründet zurück. Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte dem Blatt, ihr Haus habe den vom Kabinett am Mittwoch beschlossenen Gesetzentwurf geprüft. Das Ergebnis sei, dass „er in der vorliegenden Form nicht zustimmungspflichtig ist“. Zu der Frage, ob der Bund überhaupt das Recht zur Einführung eines Betreuungsgeldes habe, verwies die Regierung auf die Kabinettsvorlage für dieses. Das 43-seitige Papier liegt der „Süddeutschen Zeitung“ vor. Darin heißt es: „Bis heute bestehen zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Verfügbarkeit öffentlicher und privater Angebote im Bereich der frühkindlichen Betreuung, die nicht zuletzt auch auf eine jeweils unterschiedliche Bewertung der Tagesbetreuung für Kleinkinder zurückzuführen sind.“ Daher sei „es zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich, als flächendeckende und deshalb notwendig bundesgesetzlich zu regelnde Alternative zur Inanspruchnahme von Betreuung durch Dritte auch eine individuelle Betreuung innerhalb der Familie zu fördern und damit eine echte Wahlfreiheit für Eltern zwischen der Betreuung innerhalb der Familie und der Betreuung in öffentlichen oder privat organisierten Betreuungsangeboten zu schaffen“.