Wesentliche Änderungen des BGB für Unternehmer

SkanLaw Rechtsanwaltsgesellschaft, 06.06.2012: „Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung.“ Unter diesem Motto bringt der EU-Gesetzgeber für Deutschland wesentliche Änderungen im geschäftlichen Zahlungsverkehr. Zum 16.03.2013 muss die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in deutsches Recht umgesetzt werden.

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Sebastian Baur, Rechtsanwalt SkanLaw Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Vorgesehen ist hierzu u.a. eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Im Einzelnen betreffen die Neuerungen:

– die Anhebung des gesetzlichen Verzugszinses;

– die Einführung eines Anspruchs auf Zahlung eines Pauschalbetrages bei Zahlungsverzug;

– die Einführung von Höchstgrenzen für vertraglich festgelegte Zahlungsfristen, den vertraglich festgelegten Verzugseintritt sowie für die Dauer von Abnahme- und Überprüfungsverfahren.

Auswirkung dieser Änderungen ist eine Steigerung der Kosten für im Verzug*1 befindliche Schuldner von Entgeltforderungen mit dem Ziel, diese zur schnelleren Begleichung offener Forderungen zu bewegen. Im Gegenzug senken sich die Belastungen für Gläubiger insbesondere im Hinblick auf zwangsweise gewährte kostenlose „Gläubigerkredite“ und es wird eine Möglichkeit geschaffen, Kosten der Rechtsverfolgung pauschal geltend zu machen. Verbraucher sind nicht betroffen.

II. Zu den Neurungen im Einzelnen

Zu den Neuerungen im Einzelnen:

1. Erhöhung des gesetzlichen Verzugszinses
Der gesetzliche Zins bei Zahlungsverzug gemäß § 288 BGB wird um einen Prozentpunkt erhöht von acht auf neun Punkte über dem Basiszinssatz*2.

2. Zahlungshöchstfristen
Zahlungsfristen dürfen künftig grundsätzlich nur noch bis zu 60 Tagen betragen, bei öffentlichen Auftraggebern darf die Vereinbarung über eine Zahlungsfrist 30 Tage nicht überschreiten. Längere Fristen können nur noch in Ausnahmefällen vereinbart werden. Voraussetzung ist eine ausdrückliche Vereinbarung, die darüber hinaus für den Gläubiger nicht grob nachteilig sein darf.

Ratenzahlungsvereinbarungen, die faktisch auch eine Bestimmung über die Fälligkeit von Entgeltforderungen darstellen, bleiben allerdings weiter uneingeschränkt möglich.

3. Höchstfristen für Abnahme- und Überprüfungsverfahren
Grundsätzlich hat etwa eine Abnahme im Werkvertragsrecht unverzüglich zu erfolgen. Bislang waren durch vertragliche Vereinbarungen unbeschränkt Abweichungen von diesem Grundsatz möglich. Diese Möglichkeit besteht künftig nur noch begrenzt. Abnahme- und Überprüfungsverfahren, durch welche die Übereinstimmung der Waren und Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden, dürfen künftig nicht länger als 30 Tage dauern.

Der § 377 HGB, nach dem ein Unternehmer ihm gelieferte Waren unverzüglich zu überprüfen hat, ist hiervon allerdings nicht betroffen, da es sich nur um eine Obliegenheit handelt.

4. Entschädigung für Beitreibungskosten
Beitreibungskosten, die etwa durch die Beauftragung eines Inkassounternehmens oder eines Rechtsanwalts entstehen, sind zwar vom Schuldner auch schon bisher als Verzugsschaden zu ersetzen. Neu ist aber der Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR, der dem Gläubiger bereits bei Verzugseintritt zusteht und der beispielsweise mit einer Mahnung geltend gemacht werden könnte. Abweichende Vereinbarungen sind in aller Regel nicht wirksam. Der Pauschalbetrag kann allerdings nicht zusätzlich zu eventuell anfallenden Rechtsanwaltskosten verlangt werden, sondern wird dann auf diese angerechnet.

Dass oben bezeichnete Gesetzesänderungen Beachtung finden und nicht durch abweichende Vereinbarungen eingeschränkt werden, soll durch ergänzende Änderungen des UnterlassungsklageG erreicht werden, dass es Wirtschaftsverbänden erlaubt, grob nachteilige Vertragsklauseln oder Praktiken gerichtlich und behördlich unterbinden zu lassen.

III. Fazit

Inwieweit die anstehenden Gesetzesänderungen die erstrebte Besserstellung von Gläubigern hin zu einer „Kultur der unverzüglichen Zahlung“ wirklich erreichen, bleibt abzuwarten. Für kleine und mittelständische Unternehmen im geschäftlichen Verkehr untereinander dürften sich die Reglungen kaum spürbar auswirken, da hier oftmals längere Zahlungsziele als 60 Tage wohl ohnehin eher selten vorkommen. Sicherlich positiv sind die Reglungen im Hinblick auf Geschäfte mit öffentlichen Auftraggebern. Darüber hinaus ist durch die Erhöhung des Verzugszinssatzes sicherlich hier und dort ein sensiblerer Umgang mit Zahlungsterminen zu erwarten. Zumindest aber wird der „kostenlos gewährte Gläubigerkredit“ ein wenig mehr abgefedert als bisher.

Folgendes sollten Unternehmer im Hinblick auf die Gesetzänderung tun:

Spätestens ab März nächsten Jahres sollte die Zahlungszielpraxis im Unternehmen, beispielsweise in Vertragswerken und Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf Konformität mit den neuen Regelungen überprüft werden, da dem Gesetz entgegen stehende Vereinbarungen unwirksam werden. Darüber hinaus ist eine Umstellung vorhandener Zinsberechnungsprogramme im Hinblick auf erhöhte Verzugszinsen vorzunehmen.
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*1 Was bedeutet eigentlich Verzug?
Verzug ist die Verzögerung einer fälligen Leistung durch den Schuldner. Fällig ist eine Leistung dann, wenn der Gläubiger sie Verlangen kann. Dies ist nach dem gesetzlichen Leitbild unverzüglich nach Vertragsschluss der Fall, in aller Regel aber nach Erbringung der Gegenleistung und Rechnungsstellung. Durch Gesetz oder Vereinbarung kann der Zeitpunkt verändert werden. So ist etwa im Werkvertragsrecht die Vergütung erst nach Abnahme fällig.

Ist die Leistung fällig, tritt nicht automatisch Verzug ein. Hierfür ist im Regelfall eine Mahnung erforderlich. Einer solchen bedarf es allerdings dann nicht, wenn etwa eine Zahlungsfrist vereinbart wurde und diese fruchtlos verstreicht. Die Zahlungsfrist muss von beiden Seiten vereinbart sein, es reicht nicht , diese in der Rechnung festzulegen.

Unter Unternehmern tritt darüber hinaus in aller Regel automatisch 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung Verzug ein.

Ab Verzugseintritt können Zinsen und darüber hinaus alle zur Beitreibung erforderlichen und notwendigen Kosten ersetzt verlangt werden. Ab diesem Zeitpunkt kann auch ab März 2013 die 40,00 EUR-Pauschale verlangt werden.

*2 Was bedeutet eigentlich „Basiszinssatz“
Das Gesetz sieht für den Fall des Verzuges einen Anspruch auf Verzinsung eines offenen Forderungsbetrages in Höhe von bislang acht, ab März 2013 neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vor (bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist).

Der Basiszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank jeweils zum 01.01. und zum 01.06. eines Jahres neu berechnet. Um acht Prozentpunkte erhöht ergibt er den gesetzlichen Verzugszinssatz.

Aktuell beträgt der Basiszinssatz 0,12 %. Anfang 2008 beispielsweise betrug er 3,32 %.

SkanLaw Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechtsanwalt Sebastian Baur, 06.06.2012

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