Isolation und soziale Benachteiligung: Bedeutsamste Ursachen regionaler Unterschiede im Auftreten von Depressionen

Berlin, Mai 2012 – Eine Depressionsdiagnose erhielten rund zehn Prozent aller erwachsenen Patienten in Deutschland von ihrem Arzt im Jahr 2007. Frauen waren davon doppelt so häufig betroffen wie Männer. Dabei zeigen sich ausgeprägte regionale Unterschiede: Während in Landshut fast jeder fünfte Patient betroffen war, wurde eine Depression auf Rügen, in Dessau-Roßlau und in Wittenberg nur bei jedem zwanzigsten Patienten dokumentiert. Besonders hoch ist die Häufigkeit von Depressionen in zwei Gebietstypen: In städtischen Gebieten, sowie in ländlichen westdeutschen Räumen. Gemäß der aktuellen Analyse der Versorgungsatlas-Experten, treten Depressionen häufiger in Regionen mit einem höheren Anteil an sozial schlechter gestellten oder alleinlebenden Menschen auf. Darüber hinaus kommt es auf die Versorgungsstruktur an: Die Anzahl niedergelassener Psychiater, Nervenärzte und Psychotherapeuten in der Region wirkt sich auf Entdeckung und Dokumentation aus. Die Ergebnisse sind unter www.versorgungsatlas.de veröffentlicht.

Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die Erkrankung hat erhebliche Auswirkungen auf das individuelle Wohlbefinden und die alltägliche Funktionsfähigkeit der Betroffenen: Als „Begleiterkrankung“ chronischer Krankheiten kann eine Depression die Behandlungsergebnisse deutlich verschlechtern. Die Versorgung von Menschen mit depressiven Störungen ist deshalb eine wichtige Aufgabe für jedes  Gesundheitssystem. „Aus diesem Grund ist es für uns von großer Bedeutung, die Gründe für die ausgeprägten regionalen Unterschiede zu verstehen“, sagt Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI). „Besonders gefährdete Regionen lassen sich anhand der regionalen Rahmenbedingungen wie Wohlstandsniveau und Sozialstruktur erkennen. Bei gegebener Gefährdungslage interessiert uns aber auch die Rolle der Versorgungsstruktur. Die Vermutung liegt nahe, dass in Regionen mit einer zu geringen Anzahl an psychiatrischen, nervenärztlichen und psychotherapeutischen Behandlungsplätzen eine Depression seltener dokumentiert wird, weil nur wenige betroffene Patienten mitbehandelt werden können.“

Die aktuellen Analysen zeigen einen sogenannten zweigipfligen Altersverlauf der Depressionsprävalenz. So steigt die Prävalenz zunächst bis zum 60. Lebensjahr an, fällt im Renteneintrittsalter deutlich ab und steigt ab dem 70. Lebensjahr wieder an. Dazu Dr. Dominik von Stillfried: „Durch die Auswertung erhalten wir Hinweise auf spezifische praxisrelevante Risikophasen im Alter. Für die Versorgungsplanung sind diese Brüche im Altersgang relevant. Werden diese nicht berücksichtigt, kann daraus eine Unterschätzung des künftigen Versorgungsbedarfs resultieren.“

Versorgungsatlas

Der Versorgungsatlas bietet unter www.versorgungsatlas.de eine öffentlich zugängliche Informationsquelle zu einer stetig wachsenden Anzahl ausgewählter Themen aus der medizinischen Versorgung in Deutschland. Schwerpunkt des Versorgungsatlas sind regionale Unterschiede in der medizinischen Versorgung und deren Ursachen.

Das Angebot des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) richtet sich an alle, die sich für das Geschehen im Gesundheitswesen und in der Gesundheitspolitik interessieren oder daran beteiligt sind.

Hier finden Sie Forschungsergebnisse und Analysen zu regionalen Besonderheiten und Unterschieden in den Strukturen, Abläufen und Ergebnissen der medizinischen Versorgung, die Anhaltspunkte für Möglichkeiten der Verbesserung der Versorgung bieten. In Diskussionsforen kann jeder Beitrag öffentlich diskutiert werden. Die vom ZI selbst durchgeführten Analysen basieren auf den bundesweiten Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland.

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