Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Haare ausfallen und meist handelt es sich dabei um erblich bedingten Haarausfall
Haarausfall ist für viele Männer ein Problem. „Bis zum 80. Lebensjahr sind um die 80 Prozent aller Männer mehr oder weniger betroffen“, erklärt Natalie Garcia Bartels (Kompetenzzentrum für Haare der Charité in Berlin). Ein Verlust von bis zu 100 Haaren am Tag ist normal. Was darüber hinausgeht, gelte als Haarausfall. „Meist handelt es sich dabei um erblich bedingten Haarausfall, die so genannte androgenetische Alopezie, die bei Männern vom 20. Lebensjahr an einsetzen kann.“ Um den Haarausfall zu stoppen kann man zu zwei Mitteln greifen, deren Wirkung durch Studien belegt ist.
Um das Männerleiden Haarausfall bilden sich die verschiedensten Ansichten, die zum Teil an Mythen grenzen. Sicherlich liegt dies auch daran, dass noch nicht einmal Mediziner alles über den schleichenden Haarverlust wissen. Tatsächlich ist die Krankheit so weit verbreitet, dass Krankenkassen sie nicht einmal als Krankheit einstufen und deswegen auch keinerlei Behandlungskosten übernehmen. Die Forschung ist in den letzten Jahren sehr weit vorangeschritten. „Haarausfall ist kein Schicksal mehr“, so Professor Hans Wolff (Experte für Dermatologie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität).
Ursachenforschung für Haarausfall
Nach derzeitigen Erkenntnissen basiert die „Alopecia androgenetica“ des Mannes auf einer anlagebedingten Empfindlichkeit der Haarschäfte unter der Haut gegenüber männlichen Geschlechtshormonen (Androgenen). „Es gibt ein Enzym, das das männliche Hormon Testosteron in Dihydrotestosteron umwandelt, wogegen wiederum die Haarfollikel eine starke Empfindlichkeit entwickeln.“, erklärt hierzu der Endokrinologe Gerd Hofmann aus München. Follikel sind die Schäfte der Haare, die sich unter der Haut befinden. Die Follikel verkümmern nach und nach, die Haare verlieren ihre Dicke und Länge und werden immer feiner und dünner, schließlich bildet sich eine Glatze. Dabei bleiben stets die Haare über den Ohren und am unteren Hinterkopf erhalten, weil diese resistent gegen das Geschlechtshormon sind.
Mittel um den Haarausfall zu stoppen
„Zunächst gibt es da den Wirkstoff Finasterid, der in höherer Dosierung eigentlich zur Behandlung der Prostata eingesetzt wird“, erklärt Natalie Garcia Bartels die aktuellen Erkenntnisse. „Der hemmt das Enzym, das das Testosteron in das für die Haarwurzel schädliche Dihydrotestosteron umwandelt.“ Dieser verschreibungspflichtige Wirkstoff muss täglich eingenommen werden. Aktuell gibt es ihn in Tablettenform. Wie allerdings zuvor erwähnt, muss die Kosten jeder selber tragen, da die gesetzlichen Krankenkassen diese nicht übernehmen. „Stoppt man die Behandlung, wird der Haarausfall in der Regel wie zuvor wieder weitergehen.“
Zur äußeren Anwendung ist der Wirkstoff Minoxidil vorgesehen. Ursprünglich wurde dieser Stoff als Bluthochdruckmittel entwickelt. „Diese Tinktur muss zweimal täglich aufgetragen werden“, führt Garcia Bartels aus. Während Finasterid bei 80 Prozent der Anwender der Haarausfall gestoppt werden kann, liegt die Erfolgsquote beim Minoxidil bei etwa 70 Prozent aller Fälle.
Mit Märchen zum Haarausfall aufräumen
Weitere wirksame Haarwuchswirkstoffe gibt es derzeit nicht. Auch kosmetische Artikel, die Coffein und Creatin enthalten oder vermeintliche andere Wirkstoffe von Aloe bis Zink, beeinflussen den anlagebedingten Haarausfall nicht oder höchstens kaum. Sehr viele der hoch angepriesenen ‚Wundermittel‘ bleiben jedes Versprechen schuldig.
Allerdings beeinflussen weit weniger äußere Faktoren den Haarausfall, als die meisten Männer glauben. Weder das Tragen einer Mütze oder eines Toupets noch häufiges Haarwaschen oder Haarkämmen führen schneller zu einer Glatze. Nicht einmal Stress oder eine „falsche“ Ernährung beeinflussen, wie schnell oder langsam die Haare ausfallen. Multivitaminpräparate, Eisentabletten, Gelatinekapseln, Kieselerde, Hefetabletten und all die sonst noch angebotenen und hoch angepriesenen ‚Mittelchen‘ sind bei der erblich bedingten Glatze ebenfalls wirkungslos.
Lernen, zur Glatze zu stehen
In einer amerikanischen Studie von Professor Albert E. Mannes (Management-Professor an der Universität von Pennsylvania), seines Zeichens selbst Träger einer Glatze, soll belegt werden können, dass das Bild eines kahlköpfigen Mannes häufig mit „Hypermaskulinität“ assoziiert wird. Aus Film und Fernsehen kenne man häufig Actionhelden mit Glatzen. In der Studie „Shorn Scalps and Perceptions of Male Dominance“ zeigte Prof. Mannes Probanden Aufnahmen von Männern mit und ohne Haare. Die Befragten verbanden mit den glatzköpfigen Männern Begriffe wie „dominant“, „größer“ und „stärker“. So das Ergebnis der Studie, erschienen in der Zeitschrift „Social Psychological and Personality Science“, schreibt.
Vermutlich sei es besser, wenn ein Mann lernt, zu seiner Glatze zu stehen, sagt der Psychologe Roland Henss aus Saarbrücken. Denn eine Glatze habe auch Vorteile. „Studien ergaben, dass Männer mit Glatze nicht nur durchschnittlich drei bis vier Jahre älter geschätzt werden, als sie eigentlich sind, Männer mit Glatze werden meist als Familienmenschen und treue Ehemänner angesehen“, sagt Henss.